Ein zeitgeistiger und eigensinniger Debütroman

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anana Avatar

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„Ich stelle mir in letzter Zeit so wenig Fragen wie möglich. Von Gedanken und Erinnerungen, aus denen ich Fragen ableiten könnte, bleibe ich allerdings nicht verschont, das ist der Nachteil beim vielen Zufußgehen. Ich lasse sie dann meistens wieder ziehen, als sei ich irgendwas zwischen Zen-Meisterin und Komapatientin.“

Kurz vor dem 1. Staatsexamen wird die namenslose Protagonistin mit dem Scheitern ihrer Ehe konfrontiert. Sie vermeidet jedoch sich damit auseinanderzusetzen und beginnt das Referendariat. Dabei strebt sie an, sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten von dem inneren Gefühl der Leere und der Sinnlosigkeit abzulenken. Doch kann sie nur lethargisch die Ausbildungsstationen absolvieren und findet keine Lösung für das stetig zunehmende Gefühl des Unwohlseins und der Perspektivlosigkeit.

Esther Schüttpelz erzählt aus der Ich-Perspektive, sodass der Leser unmittelbar an den Gedanken und Gefühlen der Protagonistin dran ist. Durchgehend gelingt ihr ein hohes Erzähltempo, gespickt mit einigen treffenden, ja sogar auch witzigen, Schilderungen des Ausbildungsalltags im Referendariat.

Den Einblick in die Innenwelt einer verletzten, ihre eigenen Bedürfnisse nicht kennenden und ihre Sorgen ignorierenden Person empfand ich als gelungen. Zwar hätte er an einigen Stellen durchaus auch noch etwas tiefer sein können. Doch werden die Auswirkungen, wenn durch eine innere Distanz zu anderen und sich selbst, die eigenen Gefühle und jegliche Annäherungen an Erkenntnis blockiert werden, hinreichend deutlich.

Ein sehr zeitgeistiger und eigensinniger Debütroman über den Versuch der Bewältigung der Gegenwart.