Etwas zu ruhig

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magdas_buecherwelt Avatar

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Onigiri, der Debütroman von Yuko Kuhn, ist die Geschichte einer deutsch-japanischen Familie, in deren Mittelpunkt Tochter Aki und Mutter Keiko stehen.
Die über achtzigjährige Keiko kam als junge Frau nach Deutschland, sie hat den zehn Jahre jüngeren Karl geheiratet, der aus einer wohlhabenden Familie stammte. Karls Eltern Gesine und Ludwig waren von seiner Wahl nicht sehr angetan, ihr Verhältnis zu Keiko blieb bis zu ihrem Lebensende distanziert.
Keiko und Karl bekommen zwei Kinder: Aki und Kenta. Karl ist psychisch instabil, er kämpft mit Depressionen, die Ehe scheitert, doch Karl hält den Kontakt zu seinen Kindern.
Keiko bleibt auch nach ihrer Scheidung in Deutschland, doch ihr Herz hängt an Japan. Seit sie in Deutschland lebt, war sie nur wenige Male dort. Als ihr Gedächtnis immer mehr schlechter wird, beschließt Aki, ihr mit einer Reise nach Japan eine Freude zu machen. Und tatsächlich lebt Keiko in ihrer alten Heimat auf, auch wenn sich nicht leugnen lässt, dass ihre Demenz voranschreitet.
In dem Buch lernen wir die ganze Familie gut kennen, sowohl die deutsche als auch die japanische Seite. Mir haben am besten die Geschichten über Keikos Schwiegereltern gefallen. Auch nachdem sich Karl von Keiko getrennt hatte, haben sich seine Eltern um ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern bemüht, was nur bedingt geklappt hatte. Aki hat sich im Haus ihrer deutschen Großeltern nie richtig wohl gefühlt, vielleicht weil sie wusste, dass diese ihre Mutter ablehnen.
Ich mochte die Beziehung von Kenta zu seiner Nichte und seinem Neffen. Selbst kinderlos, stand er seiner Schwester stets hilfreich zur Seite, wenn die Kinder abgeholt oder beschäftigt werden sollten.
Am wenigsten erfahren wir über Akis Mann Felix und ihre beiden Kinder. Dafür lernen wir ihren Onkel Masayuki gut kennen, den Mutter und Tochter in Kobe besuchen.
Ich habe das Buch gern gelesen, hätte mir allerdings mehr Informationen über Japan gewünscht. Es werden viele japanische Gerichte und Spezialitäten vorgestellt, nicht nur die titelgebenden Reisbällchen Onigiri. Im Glossar am Ende des Buches werden alle im Buch genannten japanischen Lebensmittel und Gerichte kurz umrissen. Eine große Rolle spielt das Thema Demenz, genau wie die Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Da ein Nachwort fehlt, erfahren wir nicht, ob das Buch autobiographisch oder fiktional ist.
Der Roman ist wie ein langer, ruhiger Fluss, mir fehlte Spannung, die vielleicht mittels eines Familiengeheimnisses aufgekommen wäre. Mich konnte es nicht ganz überzeugen, ich würde es Leser*innen empfehlen, die gern Familiengeschichten lesen.