Mütter und Töchter

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kaffeeelse Avatar

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Mütter und Töchter. Ein wiederkehrendes Thema bei mir. Als Tochter kann ich mich natürlich mit dieser Thematik identifizieren. Nicht als Mutter, dies bleibt mir leider verschlossen. Aber als Tochter. Und so interessieren mich natürlich Mütter und Töchter ungemein. Wenn dann noch Einblicke in eine andere Kultur geboten werden, so ist das noch eine ungemeine Verbesserung des Ganzen. Und ein Blick nach Japan. Dies ist noch etwas ganz anderes. Denn Japan ist schon sehr interessant, zieht mich aber wegen der schon sehr patriarchalen Kultur weniger an. Umso interessanter, wenn eine Frau auf Japan blickt. Noch dazu, wenn dieser Blick ein gemischter Blick ist, denn diese beschriebene Familie hier ist eine deutsch-japanische Familie. Nun könnte man sagen, dass dies auch etwas verschobene Blicke sein könnten. Aber diesen Eindruck hatte ich so gar nicht. Dieses Buch bezaubert durch den Blick auf das Fremde, durch den Einblick in die japanische Kultur, in das Leben in Japan, lässt mein Herz aufglühen durch diese wunderbaren Charaktere! Eine intensive und wunderschöne Lektüre. Ich empfehle es sehr! ❤

Aki, Keiko und Yasuko sind die Hauptpersonen des Buches, drei weibliche Charaktere, drei starke weibliche Charaktere. Was mir natürlich sehr gefallen hat. Aki – die Tochter, Keiko – die Mutter und Yasuko – die Großmutter. Yasuko ist gestorben und Aki möchte mit ihrer demenzerkrankten Mutter Keiko nach Japan reisen zur Verabschiedung der geliebten Familienangehörigen. Dies tut sie und so gelangen sie nach Kobe. Erst sind sie in einem Hotel, doch die aus ihrer Umgebung gerissene Keiko findet sich in dem Hotel nicht zurecht und so ziehen sie in das Geburtshaus von Keiko um, das jetzt von Keikos Bruder Masayuki und seiner Frau Akemi bewohnt wird. Und hier verändert sich Keiko. Sie verändert sich, wird wieder lebendiger und Aki erkennt in ihrer Mutter eine neue Frau. Die in sich zurückgezogene und immer kränkelnde Frau, die Aki kennt, verschwindet und es tritt eine Keiko zu tage, die eher einer Frau ähnelt, die ihr Geburtsland in den 70ern verlässt und sich tausende Kilometer entfernt ein neues Leben aufbaut/aufbauen will. In Briefen, die zwischen Yasuko und Keiko in den Jahren ihrer Trennung hin- und hergegangen sind, erkennt Aki ihre Mutter ebenfalls neu. Und so beginnt ein Verständnis/ein Verzeihen. Aki erkennt in Yasuko eine starke Frau, die ihre Tochter Keiko erzogen hat, die die engen Bahnen kennt, in denen ein weibliches Leben im damaligen Japan verläuft und die es Keiko irgendwie auch ermöglicht diesem Japan den Rücken zu kehren. Dass der Bruch in der Familie Folgen hat und Deutschland in seinen eng gestrickten Bahnen ebenso seine Tücken hat, begreift Keiko erst nach und nach. Dass die Liebe, die Keiko zu Kurt empfindet, den ganzen Widrigkeiten nicht standhält, ist ein weiterer Punkt, der Keiko ins Dunkle zieht und sie aus diesem Dunkel nicht mehr herausfindet. Erst in der Depression, dann in der Demenz. Erst die Rückkehr ins Geburtsland lässt Keiko wieder erblühen und ermöglicht Aki ihren Blick auf die Mutter neu zu ordnen. ❤

„Onigiri“ ist gerade dadurch für mich ein zutiefst empathisches Buch. Es zeichnet weibliches Leben und Erleben. Nicht in lauten und gefühlsüberfrachteten Tönen. Nein, es ist leise und ruhig geschrieben. Gerade dadurch entzündet es mich ungemein und Aki, Keiko und Yasuko landen in meinem Herz! Ein Lesehighlight! Eine Empfehlung! Ein Lieblingsbuch!