Zwischen zwei Welten

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smolsin Avatar

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3.5 | In »Onigiri« erzählt Yuko Kuhn die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Deutschland und Japan.

Akis Mutter Keiko beschließt als junge Frau Japan den Rücken zu kehren und nach Deutschland auszuwandern. In ihrer neuen Wahlheimat heiratet sie, bekommt zwei Kinder und lässt sich schließlich wieder scheiden.
Im Alter erkrankt sie an Demenz und aus der einst so selbstbestimmten und lebensfrohen Frau bleibt nicht mehr viel übrig.
Als Akis Großmutter stirbt, nimmt sie dies zum Anlass ein letztes Mal zusammen mit Keiko nach Japan zu reisen.

Erzählt wird die Geschichte zwischen zwei Kulturen aus der Perspektive von Aki in einem ruhigen, beinahe sachlichen Ton auf zwei Zeitebenen. Trotz der Schwere der Themen kommen keine großen Emotionen auf und die Erzählerin bleibt stets auf einer gewissen Distanz zum Geschehen.

Die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung legt einen Schatten auf die sonst so friedlich erscheinende Familiengeschichte.
Während die Lektüre anfangs noch von Leichtigkeit geprägt ist, entfaltet sich nach und nach ein Gefühl der Melancholie und Wehmut.
Die Themen Demenz und Depression sind allgegenwärtig und lassen die Lesenden trotz der distanzierten, teilweise verzweifelten und von Unverständnis geprägten Haltung zu Keiko ein tiefes Mitgefühl für sie entwickeln.
Während Aki zu ergründen versucht, was ihre Mutter zu der gebrochenen Frau gemacht hat, die sie heute ist, setzt sich für die Lesenden nach und nach ein Bild zusammen, welches zeigt, wie schwer die Japanerin es in Deutschland hatte und wie einsam sie sich gefühlt haben muss.

Gerade zu Beginn des Romans wirkt der Text eher wie eine Ansammlung von zusammenhanglosen aneinandergereihten Anekdoten, was den Lesefluss leicht beeinträchtigen kann.
Bei einigen Themen hätte ich mir zudem etwas mehr Reflexion und Tiefgang gewünscht. Der Groll Akis der Mutter gegenüber war für die Leser:innen oft nicht greifbar und hier hätte ich mir ein paar emotionalere Einblicke in die Beziehung der beiden erhofft.

Grundsätzlich kann ich das Buch allen empfehlen, die sich für die japanische Kultur interessieren. Hier bekommt man wirklich spannende Einblicke geboten. Insbesondere im Vergleich zur deutschen Kultur werden ganz deutlich Unterschiede in Mentalität und Lebensweise dargestellt.