Schein und Sein

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miss marple 64 Avatar

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Unbarmherzig peitscht der Autor den Leser zu Beginn des Buches durch einen brutalen Überfall. Filmszenenartig verfolgen wir den äußerst gewalttätigen Übergriff auf Anne Forestier, die an einem frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit durch eine Einkaufspassage in Paris geht und kurz entschlossen in der Nähe eines Juwelierladens die Toilette betritt. Hier trifft sie auf unmaskierte bewaffnete Männer und ihr Schicksal scheint besiegelt. Es folgt über Seiten eine detaillierte Beschreibung ihrer Misshandlung und wer hier das Buch noch nicht zur Seite gelegt hat, arbeitet sich weiter durch brutale Szenen, bis es Anne schließlich schwerverletzt gelingt zu fliehen. Das bleibt natürlich den Männern, die ganz wie nebenbei den Juwelier überfallen haben, nicht verborgen. So schwebt Anne, die mittlerweile im Krankenhaus ist, weiter in Lebensgefahr.
Der Leser erfährt all das eigentlich durch die Augen von Kommissar Camille Verhoeven, der einen Großteil der Vorgänge auf den Überwachungskameras der Einkaufspassage beobachtet, als er erkennen musste, dass die junge Frau seine Freundin ist. Wie verbissen klemmt er sich hinter den Fall, niemand darf wissen, dass ihn dieser selbst betrifft. Noch trägt er schwer am Verlust seiner Frau, die vor Jahren ermordet wurde und bald fragt er sich, ob es hier Zusammenhänge gibt. Da Anne auch im Krankenhaus vor ihrem Verfolger nicht sicher scheint, versteckt Verhoeven sie.
Wer sich nicht vom sonderbaren Schreibstil des Autors, dem ständigen Wechsel der Erzählperspektive und der dargestellten Brutalität abhalten lässt, wird mit diesem Buch spannend unterhalten. Mir persönlich wäre weniger mehr gewesen. Die Story an sich ist gut, aber leider verliert sich vieles in Nebensächlichkeiten, Rückblenden, in das Leben Verhoevens, die aber für den Leser nicht immer verständlich sind. Gefallen hat mir aber Verhoevens Verbissenheit, diesen Fall zu lösen, denn er wertet den Angriff auf Anne als Eingriff in sein eigenes Leben, doch wird er auch lernen müssen, dass nicht alles so ist, wie es scheint.