Die Grenze zwischen Täter und Opfer

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aureliaazul Avatar

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Achtung: Enthält kleine Spoiler!



Ein Mann, fürchterlich gefoltert und entstellt, wird in einer Scheune nördlich von Stockholm gefunden. Bald schon tauchen weitere Opfer auf und die Suche der Ermittler verläuft im Sande. Alle Opfer haben eine kriminelle Vergangenheit. Handelt es sich um Racheaktionen? Oder steckt etwas anderes dahinter?

Obwohl das Buch beinahe an die 600 Seiten heranreicht, ist es ziemlich klein und handlich und ließ sich schnell lesen. Der Schreibstil ist angenehm flüssig und kommt ohne unnötige Beschreibungen aus, fokussiert sich auf die Handlungen, welche die Geschichte vorantreiben. Nichtsdestotrotz werden persönliche Schicksale und die Quintessenz der Charaktere anschaulich, umfassend authentisch beschrieben, sodass ich mit ihnen mitfühlen konnte, auch wenn sie auf der anderen Seite des Gesetzes standen.

Die Misshandlungen der Opfer sind ungewöhnlich brutal und bestialisch und vor allem gibt es ein paar mehr Opfer, als ich es aus anderen Krimis/Thrillern kenne. Hinsichtlich der Aggressivität oder gar Hinrichtung der Opfer, bin ich von einem sadistischen Täter ausgegangen oder einer besonders grausamen Racheaktion. Die Auflösung des Täters erschien zwar einerseits nachvollziehbar, andererseits passte für mich der Täter nicht so ganz in mein zuvor erdachtes Schema und so wie die Person dargestellt wurde, hätte ich ihr niemals solche Taten zugetraut, geschweige denn, dass sie dazu überhaupt in der Lage wäre.

Das Buch teilt sich inhaltlich in drei Teil, die geschickt konstruiert wurden und miteinander in Verbindung stehen. Im ersten Teil werden die Geschehnisse größtenteils aus Sicht der Ermittler und einer Journalistin geschildert. Zwischendurch kommen einige Passagen des Täters. Insgesamt ist er zwar sehr krimilastig, dennoch konnte er mich ausgezeichnet unterhalten. Der zweite Teil entlarvt den Täter und schildert seine Motive und weitere Taten in der Zukunft. Zuerst empfand ich diesen Abschnitt als öde und fand, dass die ganze Spannung und das Rätseln um den Täter dahin. Doch auch hier konnte mich der Autor durch seine feinfühligen, emotionalen Beschreibungen fesseln und dem Charakter Tiefe und Menschlichkeit obschon seiner Taten verleihen. Der dritte Teil verhieß die meisten Spannung, dachte ich doch, es würde den wahren Täter entlarven. Wieder einmal kam es anders und die Schuld im rechtlichen Sinne wurde geschickt "verschoben", womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte.

Fazit: Ein tolles Debüt um sympathische Protagonisten und einer nervenaufreibenden Jagd. Manchmal etwas zu brutal und den Täter fand ich nicht hundertprozentig authentisch. Dennoch würde ich gerne weitere Bücher über die Ermittler lesen.