der Schein trügt

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readpassion9 Avatar

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Zwanzig Jahre nachdem in einem kleinen Ort in Norfolk ein grauenhaftes Verbrechen begangen wurde, wird der Fall neu aufgerollt, weil sich die Anwältin Janice Mathers durch neue Untersuchungsmethoden Ergebnisse erhofft. Damals wurde schnell eine Schuldige gefunden, die Außenseiterin Corinne Woodrow. Sie soll den grausamen Ritualmord begangen haben, doch genau daran zweifelt Janice Mathers. Gab es mehrere Täter? Der Privatdetektiv Sean Ward soll herausfinden, was damals tatsächlich geschehen ist. Er besucht Corinne Woodrow im Gefängnis, doch diese schweigt beharrlich. Sein Weg führt ihn weiter zum Ort des Geschehens, ein pensionierter Ex-Bulle der den damaligen Fall untersucht hat und eine Journalistin wollen ihm bei der Ermittlung helfen. Doch wer ist ein Freund und wer gibt nur vor ihm helfen zu wollen?

Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Zeitebenen erzählt, in der Gegenwart wo sich Sean mit der Recherche beschäftig und aus der Zeit vor 20 Jahren, als Corinne gerade mal 16 ist. Dabei taucht man als Leser tief in die Vergangenheit ein und lernt die Protagonisten kennen. Ihr Umfeld, die Punk-Szene in der sich Corinne damals bewegt hat, ihre Freunde und Feinde. Man erfährt von ihren Problemen, von der schwierigen Kindheit. Parallel trifft man einige der Personen aus der Vergangenheit auch in der Gegenwart wieder, als Sean seine Gespräche führt. Lange Zeit wird man als Leser im Unklaren gelassen, was vor 20 Jahren genau passiert ist, auch wen Corinne ermordet haben soll. Der Schreibstil ist flüssig zu lesen, die Charaktere aus der Gegenwart, vor allem Sean sind gut charakterisiert, einige Charakter aus der Vergangenheit bleiben dagegen blaß.

Die Geschichte ist sehr dicht gewebt, sehr komplex mit allzu vielen Personen, es war nicht ganz einfach, immer den Überblick zu behalten. Die Story hat mich einerseits gefesselt, da das Leben der jungen Corinne und ihrer Freunde sehr ausführlich beschrieben wird und schonungslos zeigt, in welchen Verhältnissen sie damals gelebt hat. Und natürlich immer die Frage bestand, was damals wirklich vorgefallen ist. Andererseits hatte ich recht schnell eine Vermutung, wer der eigentliche Täter sein könnte, diese hat sich letztlich auch bestätigt. Es fehlte mir etwas an Spannung, die sich bei mir erst im letzten Drittel eingestellt hat. Und trotz allem hat mich die Geschichte fasziniert, sie deckt ein Geflecht aus sichtbaren und unsichtbaren Beziehungen auf, Abhängigkeiten und Geheimnissen. Einige Menschen haben offen gelogen, andere "nur" etwas verschwiegen, wieder andere wurden mundtot gemacht. Insgesamt ist "Opfer" ein faszinierender Krimi, der beim Lesen aber die volle Aufmerksamkeit des Lesers fordert.