Opfer-Täter

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herbert grießhammer Avatar

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Es ist das Jahr 2003. Corinne Woodrow, eine Frau, Mitte Dreißig, sitzt in einem englischen Gefängnis. Sie wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, weil sie vor 20 Jahren einen Ritualmord begangen haben soll. Doch es sind jetzt Zweifel an ihrer Schuld aufgetreten. Ein junger Privatdetektiv, Sean Ward, soll herausfinden, was seinerzeit tatsächlich passiert ist. Zunächst besucht er Corinne im Gefängnis. Doch sie schweigt. Sean reist nun in das englische Küstenstädchen, in dem vor 20 Jahren die Tat geschehen ist. Der Leser erfährt zunächst nicht, wen und warum Corinne seinerzeit getötet haben soll. Stattdessen wirrd man 20 Jahre, in das Jahr 1983, zurückversetzt. Von nun an wird die Geschichte abwechselnd von Kapitel zu Kapitel, jeweils 1983 und dann wieder 2003, geschildert.

Aus dem Jahr 1983 wird detailliert berichtet, welches Umfeld die damals jugendliche Corinne hatte. Schule, Freizeit, Freunde. Corinnes Elternhaus war ärmlich und freudlos. Ihre Mutter hatte ständig wechselnde Männerbekanntschaften. Sie kümmerte sich wenig um Corinne. Da kam ein neues Mädchen aus London in ihre Schule: Samantha. Ihr Großvater betrieb einen Freizeitpark am Strand des Städtchens. Bald schon zog Samantha alle an, denn den Freizeitpark konnte sie kostenlos benutzen. Schnell entwickelten sich Eifersüchteleien unter den Teenagern. Corinne, entzweite sich bald mit ihrer neuen Freundin. Es stellte sich heraus, daß Samantha nicht das nette Mädchen war, als das sie sich zu geben versuchte. Mehr und mehr wurde sie isoliert. Corinne zieht sich zurück. Noj, eine Freundin (oder Freund?)  wird Corinnes Vertraute. Wird Corinne von Noj in okkulte Praktiken eingeweiht? Es gibt jedenfalls einen Toten und Corinne wird als Täterin verhaftet.

Wie schon erwähnt, wird von Kapitel zu Kapitel abwechselnd berichtet, wie der Privatdetektiv Sean Ward 20 Jahre später in dem Küstenstädtchen versucht, den wahren Dingen auf den Grund zu kommen. Es scheint, als hätte er große Unterstützung durch die örtliche Polizei. Doch die Beamten sind zum Teil dieselben, die vor 20 Jahren in den Fall verwickelt waren. Bald stellt sich heraus, daß seinerzeit der ermittelnde Beamte,DCI Rivett, sehr wohl persönliche Gründe hatte, daß die Wahrheit nicht ans Licht kam. Zusammen mit Francesca, der örtlichen Zeitungsjournalistin, deckt Sean Ward unerbittlich die Hintergründe auf. Corinnes Unschuld ist damit bewiesen, sie kommt frei.

Endlich mal wieder ein Krimi, der seinen Namen auch wirklich verdient! Die Geschichte wird logisch entwickelt und steigert sich mehr und mehr. Eindrucksvoll, wie die Szenerie der Teenager der 80er Jahre beschrieben wird. Die Ausweglosigkeit und damit das zwangläufige Handeln einzelner Akteure wird nachvollziehbar getroffen. Die Spannung bleibt bis zum Schluß erhalten.  So, wie das Buch endet, damit hätte man eigentlich nicht gerechnet. Denn im übertragenen Sinn gibt es mehrere Opfer und auch mehrere Täter. 

Fazit: Ein rundum gelungenes Werk. Einziger Wehrmutstropfen: Der ständige Zeitenwechsel zwingt zu einem zügigen Lesen. Wer das Buch zur Seite legt um nach einigen Tagen weiterzulesen, kann leicht den Faden verlieren. Doch ich kann alle trösten, die das Buch noch vor sich haben: Die Geschichte ist so spannend, daß man das Buch gar nicht zur Seite legen möchte.