Spannung bis ins die letzte Seite

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marcello Avatar

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„Opfer“ handelt von einem Mord, der 1984 begangen wurde und fast 20 Jahre später wieder neu aufgerollt wird. Eine Staatsanwältin hat am Tatort eine DNA-Spur gefunden, die die Täterin, die damals verhaftet wurde, entlasten könnte. Diese Täterin war die damals 15-jährige Corrine Woodrow, die von der Presse als Hohenpriesterin eines Santankultus bezeichnet wurde. 2003 nun beauftragt die Staatsanwältin Mathes den jungen Privatdetektiv Sean Ward. Der ehemalige Polizist musste seinen Job wegen einer schwerwiegenden Schussverletzung aufgeben und hat sich deswegen als Privatdetektiv selbstständig gemacht. In dieser Tätigkeit hat er es jedoch eher mit kleineren Delikten zu tun, weswegen er den Jobauftrag von Seiten der Staatsanwältin gerne annimmt. Schnell stellt sich heraus, dass in dem kleinen Ort niemand reden will und schnell realisiert Ward, dass er in große Gefahr geraten ist.

Die Leseprobe hatte es mir vor allem angetan, weil dort die Kapitel abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit spielen. Dies sah ich als interessante Methode sich der Thematik von zwei Seiten her zu nähern. Rückblickend kann ich nun sagen, dass dieser Erzählstil wirklich die Besonderheit dieses Kriminalromans ausgemacht hat. Zunächst war ich nur etwas enttäuscht, weil die Geschichte in der Gegenwart, wie Sean Ward in dem kleinen Ort ankommt, um dort der Spur der Staatsanwältin nachzugehen, nicht so recht in Gang kommen wollte. In der Vergangenheit war das kein Problem, weil man alle Charaktere vorgestellt bekam, von denen jeder einzelne noch eine wichtige Rolle im weiteren Geschehen spielen sollte. Sean Ward war für mich dagegen nicht wirklich zu packen. Insgesamt ist er die ganze Handlung eher blass geblieben, aber das sind die meisten Charaktere. Neben den verschiedenen Perspektiven, war nämlich auch ein Erzählstil gewählt, der die Gedanken und Handlungen der einzelnen Figuren so knapp wie möglich wieder gab. Dieser Aspekt war natürlich auch der Grund, warum die Handlung bis zur letzten Seite hochspannend blieb, andererseits blieb da das Gefühlsleben der Figuren ziemlich auf der Strecke. Dies war auch nicht bei jedem Charakter möglich, aber gerade bei Sean Ward, der doch die größte Rolle in „Opfer“ spielt, war das schade.
Spätestens aber als Ward dann richtig in die Recherche einstieg, war ich komplett gefesselt. Die einzelnen Aspekte der Handlung waren sehr interessant, so ging es um Prostitution, Machenschaften, schwarze Magie, die Pubertät und Kinderpornographie. Also eine ganze Bandbreite an Themen, deren Gesamtheit einen schaudern ließ, denn alleine der Gedanke, dass dies auch in meiner Stadt vorgehen könnte, ist richtig erschreckend und so bleibt ein etwas beklemmendes Gefühl zurück.
Der Handlungsverlauf an sich war nachvollziehbar und lebte davon, dass man auf der letzten Seite mit dem letzten Satz noch eine entscheidende Information erhielt. Mir haben sich auch keine Widersprüche ergeben, was sicherlich einige Arbeit war, denn es gibt so viele Erzählstränge, dass man locker mal hätte durcheinander kommen können. Der einzige Handlungsaspekt, dem ich skeptisch gegenüber stehe, ist der der schwarzen Magie. War dieser nur vorhanden, um den Jugendlichen eine Möglichkeit zu bieten sich mit ihren Problemen in der Pubertät an einen anderen Glauben richten zu können oder sollte der jetzt als Aspekt wahrgenommen werden, der den Verlauf der Handlung wirklich enorm beeinflusst hat. Zwischendurch tendierte ich eher zum ersten, am Ende eher zum letzteren und das sehe ich dann eher als negativen Aspekt.
Was auch etwas verwirrend war, waren die Kapitelüberschriften. Manchmal haben diese sich mir erschlossen, überwiegend aber nicht. Dadurch ergab sich mir die Frage, ob das eventuell Songtitel der Punkmusik waren, da diese Musikrichtung ja auch eine große Rolle spielte. Da hätte mich dann noch eventuell eine Erklärung der Autorin gewünscht. Ist dies aber nicht der Fall, muss ich sagen, dass man wohl zur logischen Erklärung noch phantasievoller an die Sache herangehen muss.

Insgesamt ist „Opfer“ ein richtig guter Kriminalroman. Der Spannungsbogen setzt zwar nicht unbedingt schon am Anfang ein, dafür zieht er sich wirklich bis ins letzte Wort. Die Handlung ist interessant und vor allem vielschichtig. Die Charaktere sind dagegen eher eindimensional dargestellt, aber da es auch so viele gab, kann man da noch am ehesten drüber wegsehen. Ich gebe „Opfer“ gute vier Punkte und kann nur sagen, dass man mit diesem Kriminalroman sicher nicht daneben greift!