Prinzipien gegen Opportunismus

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Niels Oxen ist mit dem Leben davongekommen, doch er kann die Ereignisse rund um die Veteranenkämpfe nicht vergessen. Sally Finnsen und Margarethe Franck wollen die geflohenen Drahtzieher nach wie vor zur Rechenschaft ziehen, auch wenn es offiziell keine Ermittlungen mehr geben soll. Und ein Nebenjob für Mossmann bringt Margarethe und Oxen in Gefahr.

So fand ich’s:

Die Handlung strotzt vor Geheimnissen und Intrigen der Geheimdienste, die mit der geradlinigen Loyalität Oxens kollidieren, auch der von Sally und Margarethe, die von Rachegedanken und Gerechtigkeit getrieben sind. Für nützliche Kompromisse sind sie nicht zu haben, die andere Seite ist aber nur darann interessiert, für sich das Beste herauszuholen. So kämpfen nicht wirklich Gut und Böse gegeneinander, aber sehr wohl Prinzip und Opportunismus. Und gewöhnlich gewinnen hier die raffinierten Taktierer gegen die ehrbaren Helden.

Das Trio Ex-Soldat Oxen, Geheimdienstmitarbeiterin Margarethe Franck und die Polizistin Sally Finnsen haben sich zu einem schlagkräftigen Trio zusammengefunden, das einen einnimmt und mit dem man wunderbar mitfiebern kann. Der ehemalige Geheimdienstchef Mossmann ist manchmal hilfreich, manchmal blockiert er aber auch und man weiß nie wirklich, was in seinem Kopf vorgeht – man hat das Gefühl, er ist allen immer eine Wendung voraus.

Um die Jagd nach den Verantwortlichen des Veteranendramas komplett verstehen zu können, sollte man wenigstens den direkten Vorgängerband “Noctis” gelesen haben, denn “Pilgrim” hat unmittelbar mit der Handlung von “Noctis” zu tun. Die Jagd nach den Verantwortlichen für die Veteranenmorde ist spannend und man bekommt einiges an Ermittlungsarbeit mit, aber auch das gegenseitige Belauern und Verfolgen in Geheimdienstmanier. Genauso interessant ist der Handlungsstrang um die “Paradise Papers”, die die dänische Finanzbehörde kaufen will, um Steuersünder zu entlarven. Oxen und Margarethe sollen für die Sicherheit dieser Verhandlungen sorgen und natürlich geht auch das nicht ohne Komplikationen ab.

Obwohl es reichlich Action und Spannung gibt, hat auch das Seelenleben der Protagonisten seinen Platz. Sally kann den Tod ihres Bruders nicht verwinden und riskiert alles, damit seine Mörder bestraft werden. Margarethe stellt sich ganz existenzielle Fragen, in welche Richtung ihr Leben künftig gehen soll. Und Oxen ringt mit seiner Schuld, dem schlechten Gewissen, und versucht gleichzeitig, für seinen Teenagersohn Magnus ein guter Vater zu sein.

Die vielschichten, interessanten Hauptfiguren und die gut durchdachte Handlung stehen gleichwertig nebeneinander, beides ist wunderbar ausgearbeitet und hat mich von Anfang bis Ende gut unterhalten. Ob wendungsreiche Action oder emotionale Tiefe – Jensen beherrscht beide Facetten hervorragend und Pilgrim fügt sich perfekt in die Reihe ein, die nach wie vor zu meinen Lieblingen gehört.