Spannend nach Startschwierigkeiten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
zebra Avatar

Von

Mittlerweile schickt Jens Henrik Jensen seinen Ermittler Niels Oxen bereits zum sechsten Mal ins Rennen. Verschleißerscheinungen?

Nachdem Oxen lange in einem Keller festsaß, wo Kämpfe stattfanden und es um sein Überleben ging, sowie nach einem Aufenthalt im Reichskrankenhaus, weil er angeschossen wurde, braucht Oxen Abstand und will pilgern, zeitweise begleitet von seinem Sohn und in der Hoffnung auf Vergebung. In die Ermittlungen um diesen Keller, in dem Veteranen kämpfen, ist Sally Finnsen eingebunden, deren Bruder in dem Keller umkam, in dem auch Oxen saß. Auch sie hat eine Mission: Sie will Gerechtigkeit, weil die Mörder ihres Bruders noch auf freiem Fuß sind. Und dann sind da noch Margarethe Frank, die vom Geheimdienst suspendiert wurde, und Axel Mossmann, der frühere Geheimdienstleiter, der die Übergabe einer Steuersünderdatei an die Steuerbehörde über die Bühne bringen soll. Hierzu zieht er Margarethe hinzu und was auf den ersten Blick wie ein Routine-Finanzfall wirkt, führt sie, Finnsen und Oxen, der mit den Veteranenmorden und dem Keller letztlich doch nicht abgeschlossen hat, zusammen und das alles entpuppt sich als etwas Größeres …

Der Fall erinnert ein bisschen an die Realität: Panama-Papers, Steuer-CDs, das hat man alles schon mal gehört, wodurch der Plot real bzw. authentisch anmutet. Man ertappt sich beim Lesen immer mal bei der Frage, ob es wohl wirklich so ist (und ist versöhnt, weil man ja mit „den Guten“ mitfiebert, in der Hoffnung, dass auch sie real sind und für Gerechtigkeit kämpfen). Bis die Handlung wirklich Spannung aufbaut, dauert es ein bisschen, das liegt an Rückblenden (die erleichtern es Neulingen, auch ohne die Vorgängerbände klarzukommen, nehmen aber teils Tempo raus), dem „Aufräumen“ mit den früheren Geschehnissen und dem Zusammenführen der Hauptfiguren in den verschiedenen Handlungssträngen. „Pilgrim“ kreist um Schuld, Sühne, Vergebung, Gerechtigkeit, Intrigen. Möglicherweise hängt es damit zusammen, vielleicht aber auch mit den Zusammenhängen finanzieller Art (Steuersünder), dass Jensen hier für seine Verhältnisse „harmlos“ unterwegs ist. Seine Geschichte bietet er in routiniert flüssiger Schreibe dar – was allerdings die immer wieder eingestreuten englischen Ausdrücke sollten, erschließt sich mir nicht so recht: Internationalität suggerieren? Falls ja, ist der Versuch fehlgeschlagen und hat sich lediglich als nervig erwiesen. Insgesamt darf man sich bei „Oxen. Pilgrim“ jedoch auf einen mit anfänglichen Abzügen spannenden Thriller freuen, er 3,5 gerade noch aufgerundete Sterne bekommt.