Einzigartige Einblicke

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ninicelli Avatar

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Susanne Matthiessen lädt uns ein Teil eines exklusiven Clubs zu werden, den echten Syltern. Schon in ihrem mitreißenden Prolog nimmt sie den Leser mit auf die Insel Sylt. Zeigt sie aber von der anderen Seite, aus Sicht der Einheimischen, einer eingeschworenen Gemeinschaft, der man nur durch Geburtsrecht teil werden kann.
Sie schreibt ehrlich und unverblümt über ihre Kindheit und Jugend auf Sylt in den 60/70er Jahren. Auf mich als Kind der 80er wirkt manches unverständlich und kühl, pragmatisch. So scheint sie ihre Kindheit, insbesondere im Sommer, als "Saison-Waise" erlebt zu haben, mit Eltern, die ihre gesamte Energie in das florierende Pelzgeschäft steckten und Kindern, die nur keine Arbeit und keinen Ärger machen sollten.
Susanne Matthiessen beschreibt aber auch den Zeitgeist, der auf Sylt herrschte, geprägt von Leichtigkeit, Freiheit und dem großen Geld. Viele Prominente dieser Zeit gingen auf Sylt ein und aus, so dass die Autorin mit ihnen in Kontakt kam, teilweise sogar nahe stand und daher mit einer lockeren Selbstverständlichkeit Anekdoten davon erzählt.
Ihr Stil ist ehrlich und schnörkellos, weswegen er mich fasziniert hat.
In der Leseprobe kam diese wunderbare Art leider zu wenig durch, so dass ich nach dem Buch sehr positiv überrascht bin.
Denn es geht wahrlich nicht nur um ihre Kindheit auf Sylt, sondern viel mehr als das. Den Verfall einer jahrtausendealten Handwerkskunst-der Kürschnerei und den Einzelschicksalen die daran hängen. Es geht aber auch um Zeitgeschichte und die Dekadenz einer Generation.
Sie möchte mit diesem Buch aber vor allem ihren Teil zum Erhalt der Insel und ihrer einzigartigen Kultur beitragen. Im Prolog und Epilog kritisiert sie zielsicher die perfiden Entwicklungen auf der Insel der Schönen und Reichen und den drohenden Verfall.
Wie abstrus ist es, wenn die "Eingeborenen" sich ihre eigene Insel nicht mehr leisten können und Hotel um Hotel errichtet werden, ohne Rücksicht und Respekt vor der Natur und ohne Gedanken daran zu verschwenden, wo denn das Personal dafür herkommen soll.
Ich danke Frau Matthiessen für die intimen Einblicke in ihr Leben, die sie dem Leser erlaubt und die mir einen Blick auf eine mir bisher unbekannte Welt verschafft haben.