Ich will wieder an die Nordsee...

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"Nichts ist verloren. Wir müssen uns nur erinnern."

Als Nordlicht, das noch nie auf Sylt war, aber fast alle Familienurlaube auf einer Nordseeinsel verbracht hat, war ich auf diesen Roman sehr gespannt, umso mehr, weil er auf wahren Ereignissen beruht.

Von Sylt geht ja immer noch ein gewisser Mythos aus, der die Insel zu etwas Besonderem und Exklusivem macht, von dem wir Normalos nicht viel mitbekommen (ausser dem, was man in der Klatschpresse lesen kann). Dieser Mythos findet sich auch in den Anekdoten wieder. Ausgehend von dem Pelzgeschäft der Familie Matthiessen werden viele kleine Geschichten erzählt, die sich nicht nur um die Schönen und Reichen der Society während der Wirtschaftswunderzeit drehen, sondern auch um die Insulaner und die Veränderung der Insel von einer rauhen Naturschönheit zu einem hochgestylten Investitionsobjekt, bei dem die Insel selbst zur "folkloristische[n] Kulisse" degradiert wurde.

Die Kombination aus faszinierenden Geschichten der High Society (und von Insulanern, die einfach echte Typen sind) der 70er Jahre, gesellschaftskritischen Aspekten wie Cancel Culture und Gentrifizierung, Humor und Lokalkolorit hat mir sehr gut gefallen, genauso wie die Leichtigkeit des Schreibstils der Autorin. Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt, habe gelacht, den Kopf geschüttelt und mich über den Ausverkauf der ursprünglichen Insel geärgert... und ich will nun wieder an die Nordsee, aber nicht nach Westerland.