"Die Geschichte der Welt in Büchern"

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hiclaire Avatar

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Schon im Prolog ist mir die bildhafte Sprache aufgefallen. Fast ein bisschen reißerisch aufgemacht, wie die Männer des Pharao in der ganzen, damals bekannten Welt nach Büchern für die Bibliothek in Alexandria suchen. Ungewöhnlich für ein Sachbuch, aber sicher ein Einstieg, der Interesse wecken kann bzw. soll. In der Folge wird es dann deutlich „sachlicher“, bleibt aber weiter erstaunlich unterhaltsam. Die Autorin versteht es mich zu fesseln, sprachlich, erzählerisch und inhaltlich, wobei ein gewisses Interesse an griechisch-römischer Antike das Lesevergnügen sicher erhöht.

Tief taucht man ein in die antike Welt, liest über Ägypten, Alexandria und seine sagenumwobene Bibliothek, über die ersten Schriftstücke und ihre Herstellung, streift dabei die “ erste Globalisierung“ einer Gesellschaft, nämlich den Hellenismus in sämtlichen von Alexander dem Großen eroberten Gebieten. Wobei wieder einmal deutlich wird, dass sich in gewisser Weise alles wiederholt, z.B. später mit der Ausbreitung des römischen Reiches und auch mit der des heutigen westlichen Kapitalismus. Auch die daraus resultierenden Auswirkungen gestalten sich zu allen Zeiten ähnlich. Diese Parallelen, die die Autorin immer wieder zieht, tragen m. E. viel dazu bei, die eher trockene Materie aufzulockern und lassen das Lesen flüssig und angenehm werden.

Der Inhalt ist ungeheuer komplex und lässt sich nur schwer zusammenfassen. Mit viel Liebe zum Detail hat Irene Vallejo unzählige historische Anekdoten, Fakten und Informationen gesammelt und in eloquentem Plauderton an den Leser/die Leserin gebracht. Erzählerisch wunderbar verpackt und vermittelt, verbunden mit persönlichen Einschätzungen und für mich manchmal verblüffenden Hinweisen, z.B. als sie den Aufbau des Internets mit dem einer Bibliothek vergleicht. Sie wählt dabei griffige Vergleiche, die gut vorstellbar sind und fügt häufig aktuelle Bezüge hinzu.

„Unterwegs“ gab es für mich so manches zu googeln, wie z.B. was es mit der erwähnten Bibliothek von Babel auf sich hat – wobei ich schon vom Lesen des Wiki-Eintrags glasige Augen bekommen habe… Mit diesem Werk muss ich keine nähere Bekanntschaft machen.

Eine durchgehende Struktur springt nicht unmittelbar ins Auge, vielmehr mäandert die Autorin durch Zeit und Raum, was ich hier seltsamerweise nicht als störend empfunden habe. Ausgeprägte rote Fäden sollte man daher nicht erwarten bzw. suchen, sondern sich einfach dem Erzählfluss und der schönen Sprache hingeben und genießen.

Lieblingskapitel gab es für mich so manche, und natürlich auch welche, die mich weniger gefesselt haben, aber insgesamt war es das erhoffte und erwartete Vergnügen für mich, wunderbar zu lesen. Ein Buch, umfangreich an Seiten und doch leicht und von handlichem Format, dafür muss ich dem Verlag ein Kompliment machen, das einen besonderen Platz in meinem Bücherregal einnehmen wird. An gut sichtbarer Stelle, denn es sieht für meinen Geschmack auch noch wunderschön aus. „Innen“ und „Außen“ harmonieren perfekt.