Eine Skulptur aus Sand

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constanze_pachner Avatar

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"Das Buch ist eine der schönsten Erfindungen der Menschheit. Bücher lassen Worte durch Zeit und Raum reisen und sorgen dafür, dass Ideen und Geschichten Generationen überdauern.
Irene Vallejo nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise durch die faszinierende Geschichte des Buches, von den Anfängen der Bibliothek von Alexandria bis zum Untergang des Römischen Reiches." (Kappentext)

Leider muss ich sagen, dass meine liebende Diogenesbrille durch die elegant verzaubernde Aufmachung sowie der verführerisch klingende Leitgedanke einer Ode an das Buch verblendet wurde. Ich konnte einfach nicht an einem Buch vorbei gehen, dass eine leidenschaftlich verführerische Hommage an die Welt der Bücher verspricht.
Ein falsches Versprechen, denn hier setzt sich ein literaturhistorisches Sachbuch in Szene, welches die Reise des Buches auf die
Antike beschränkt und Alexander den Großen teilweise sehr unreflektiert in die Höhe preist. Die zahlreichen treffenden Verbindungslinien zwischen der Antike und der jetzigen Zeit, die zu gewissen Themenbereichen eine gleiche Sinnhaftigkeit in unterschiedlicher Ausprägung andeuten, reißen das Ruder für mich nicht mehr rum. Der europäisch dekadent akademische Schleier, der sich über das ganze Buch legt, lässt mich kopfschüttelnd zurück. Sind wir denn heutzutage nicht eigentlich viel weiter, wenn wir das Wort Bildung in den Mund nehmen? Die zurückgelegte Reise des Buches ist viel mehr, sie begleitete alle Menschen seit fast fünftausend Jahren auf den unterschiedlichsten Ebenen, dessen Geschichte wird dieses Buch nicht gerecht, es erhebt sich in galanter Erhabenheit nackenstreckend als eine Skulptur aus Sand, um sich vom wirksamen Winde der Realität in seine Einzelteile zerlegen zu lassen.
Den Zugang zur heilsamen, Horizont öffnenden, überhaupt Bildung ermöglichenden Welt des geschriebenen Wortes ist das 'Lesen' in welcher Form auch immer, mit den Fingern, mit den Füßen, mit dem Mund, mit den Augen, wie auch immer. Diese entscheidende Tatsache und die Geschichte der Menschen, die mit all ihrem Einsatz, sich dafür einsetzten und einsetzen, dass alle Menschen auf der Erde, irgendwann werden Lesen werden können, sucht der Leser vergeblich.
Schade!