Eine 14-Jährige zwischen Armut, Trauer, Wut, auf der Suche nach Identität & Herkunft

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lia48 Avatar

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„Meine Mutter starb diesen Sommer.
Ein Lied im Radio war nur noch Geräusch und keine Einladung mehr mitzusingen, obwohl keine von uns den Text kannte. Ein Regenguss war nur noch Wetter und keine Gelegenheit mehr, nach draußen zu laufen und barfuß in einer Pfütze zu tanzen.“
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INHALT:
Niemand wohnt freiwillig in den Wohnblöcken am Stadtrand, in denen die 14-jährige Billie mit ihrer Mutter lebt. Eine Adresse mit schlechtem Ruf.
Sie haben nicht viel zum Leben. Die Mutter hält sie beide mit Putzen und Kellnern über Wasser. Die Möbel sind vom Sperrmüll und am Ende eines Monats ist der Kühlschrank meistens leer.
Doch sie haben einander, machen stets das Beste aus ihrer Situation und das bedeutet ihnen viel.
Den Sommer verbringen Mutter und Tochter normalerweise Limonade schlürfend in Liegestühlen auf dem Laubengang direkt vor ihrer Wohnungstür.
Im Freibad stellt sich Billie vor, von einer Klippe ins Meer zu springen.
Als sie eines Tages im Radio Geld gewinnen, wünschen sie sich nichts sehnlicher, als einmal richtig in den Urlaub zu fahren. Florida wäre toll. Oder doch lieber Frankreich? Billie träumt seit sie denken kann, vom Meer.

Doch dann kommt ein Anruf der Großmutter dazwischen, der alle Pläne durcheinanderwirbelt.
„Ich kannte meine Großmutter nicht, aber dass sie nichts gut fand, was meine Mutter mochte, hatte ich schon herausgefunden.“
Ein folgenreicher Streit stellt Billies Leben komplett auf den Kopf.
Schließlich setzt sie sich in den alten Nissan und begibt sich auf Spurensuche nach ihrer Herkunft und nach ihrem unbekannten Vater …
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MEINUNG:
Bereits beim ersten Satz des Buches wird deutlich, dass Billie in frühen Jahren ihre Mutter verloren hat.
Von da an folgen zahlreiche Rückblicke in die Vergangenheit. So bekommen Lesende nach und nach ein immer klarer werdendes Bild vom Alltag und der engen Beziehung zwischen Mutter und Tochter.
Billie kennt schon bald alle Tipps und Tricks, um mit wenig Geld über die Runden zu kommen. Dennoch gelingt es ihrer Mutter, mit viel Kreativität, stets das Beste aus ihrer Situation herauszuholen. Gemeinsam genießen sie diese kleinen Momente des Glücks.
Dieser Zusammenhalt ist auch in der Nachbarschaft spürbar. Wenn jemand Hilfe braucht, ist man füreinander da.

Die einzelnen Figuren und deren Beziehungen zueinander sind der Autorin meiner Meinung nach, besonders gut gelungen.
Ich habe vor allem Billies Mutter bewundert, die neben ihren beiden Jobs alles gibt, um ihrer Tochter Liebe, Halt und Zuversicht zu schenken.
Gleichzeitig habe ich sehr mit Billie mitgefühlt, als eines Tages ein so großer Teil ihres Lebens von jetzt auf nachher wegbricht. Wut und Trauer kommen dabei für Lesende spürbar zum Ausdruck.
Dass sie sich schließlich auf die Suche nach ihrer Herkunft und nach dem unbekannten Vater begibt, ist mehr als verständlich. Wie sonst soll sie nach vorne schauen, wenn sie so viele ungeklärte Fragen hat?

Die Entwicklung der Geschichte war mir spätestens im letzten Drittel des Buches leider zu unglaubwürdig.
Ohne, dass ich zu viel verraten möchte, aber hier verläuft gefühlt alles wie am Schnürchen. Da hätte ich mir doch etwas mehr an Schwierigkeiten, Herausforderungen oder auch mal ein Scheitern gewünscht – das hätte der Geschichte mehr Authentizität beschert.

Aber sonst hat mir das Buch gut gefallen. Der schöne Schreibstil macht es einem leicht, die Sätze zu mögen und am Ball zu bleiben. Tatsächlich habe ich die Lektüre an einem Tag verschlungen, so sehr wollte ich wissen, wie es mit Billie weitergeht.
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FAZIT: Ein Coming-of-Age-Roman mit Themen wie Mutter-Tochter-Beziehung, Armut, Tod, Trauer und die Suche nach Identität und Herkunft, den ich durchaus empfehlen kann, auch wenn ich mir den Verlauf der Geschichte etwas glaubwürdiger gewünscht hätte. 4/5 Sterne!
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(C. N.: Tod, Trauer)