Indiana Jones meets Dan Brown

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marionhh Avatar

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Die ehemalige israelische Elitekämpferin Morgan Sierra kehrt nach dem Tod ihres Vaters und ihres Mannes Jerusalem den Rücken und lebt seither ein beschauliches Leben als Psychologin und Theologin an der Universität von Oxford in England. Hier versucht sie, sich ihrer Zwillingsschwester Faye, von der sie als Baby getrennt wurde, wieder anzunähern. Zu Pfingsten treten plötzlich ungewöhnliche Ereignisse ein, Wetterkatastrophen, ein angebliches Wunder in Indien, und auf einmal interessieren sich mehrere Gruppen für den Stein, den Morgan von ihrem Vater und Faye von ihrer Mutter bekam und der angeblich von den Aposteln stammt. Morgan nimmt dies anfangs nicht allzu ernst, doch da wird ihre Schwester und deren kleine Tochter Gemma entführt, und Morgan soll alle 12 Apostelsteine finden, sonst sterben beide. Die Geheimorganisation ARKANE nimmt Kontakt zu Morgan auf, und deren Agent Jake Timber überzeugt sie mit ihm zusammenzuarbeiten und die Steine gemeinsam zu bergen. Die beiden haben nur 10 Tage Zeit bis Pfingsten – ein Wettlauf mit der Zeit beginnt...

Zunächst einmal: „Pentecost“ ist ein gut geschriebener und flüssig zu lesender Thriller, der gleich rasant beginnt und den Protagonisten – und damit auch dem Leser - kaum eine Verschnaufpause gönnt. Dieses Tempo wird weitgehend beibehalten, der Thriller hat viel Action, und Morgan und Jake schlagen sich kämpfend und mordend durch die Weltgeschichte. Die Geschichte ist simpel: Suche die Steine und bringe sie dem Entführer, dann überlebt deine Familie. Die Autorin versteht es durchaus, mit diesem simplen Plot eine recht spannende Geschichte zu konstruieren, ihr Schreibstil ist weder zu einfach noch zu kompliziert, sondern passt sich dem schnellen Tempo und den Ereignissen der Geschichte an und so lässt sich das Ganze flott herunterlesen. Leider blieben mir sowohl Morgan als auch Jake fremd.

Morgan ist als Hauptfigur nicht zwingend ein Sympathieträger und eine Identifikationsfigur. Mal wird sie als Psychologin und Theologin, dann wieder als Parapsychologin bezeichnet. Sie ist nicht gläubig, beschäftigt sich aber intensiv auf psychologische Weise mit religiösen Themen und Menschen, die z.B. religiös fanatisch oder Sekten zum Opfer gefallen sind. Durch ihre Vergangenheit in der israelischen Armee hat sie eine Nahkampf-, Waffen- und alles-andere-auch-Ausbildung, die ihr bei dem Kampf um die Steine zu Gute kommt. Wenn es um ihre Interessen geht, tötet und mordet sie ohne Gefühle zu zeigen. Letzteres ist aber sowieso nicht ihr Ding, und so bleibt die verkappte Liebesgeschichte zwischen Jake und Morgan denn auch nur oberflächlich. Der Hauptfokus liegt ganz klar auf der Action, den Kämpfen und den religiösen Hintergründen. Interessant fand ich die Geschichte dahinter, nämlich die Apostelgeschichte, und die Idee, dass die Steine aus dem Grab Christi Wunder bewirken können. Dass die Autorin selbst Psychologin ist und gerne reist, wird ebenfalls sehr deutlich und findet sich in der Hauptfigur Morgan anschaulich wieder. Die Beschreibungen der Bau- und Kunstwerke ist sehr detailliert und die Steine werden recht geschickt in bekannten Werken versteckt. Ich fand es auch recht wohltuend, dass weiterhin nichts Übersinnliches passiert, obwohl ARKANE ja – neben der Bergung religiöser Artefakte und der Bewahrung religiöser Geheimnisse – auch in diese Richtung geht. Bis auf das angebliche Wunder in Indien (dies wird aber auch nicht näher beleuchtet) und das angedeutete Weltgeschehen zu Pfingsten, wenn die Apostelsteine alle beisammen sind, passiert nichts Paranormales, und die beiden Hauptdarsteller müssen sich ganz weltlich mit religiösen Fanatikern, Schlägern, islamistischen Untergrundkämpfern und anderen Widrigkeiten herumschlagen und dann auch noch die mysteriösen Rätsel des Psychoanalytikers Jung lösen, bis sie endlich alle Steine in ihrer Gewalt haben.

Sehr gut fand ich auch die verschiedenen Perspektiven, mit der die Autorin die Psyche der einzelnen Protagonisten beleuchtet und bei der besonders der Wahnsinn des Politikers Everett, des Entführers, zu Tage treten, und die Gefühle Morgans für ihre Schwester und Gemma. Everetts Motive werden so plausibel und machen ihn an einigen Stellen sogar sympathisch. Auch Morgans Zweifel, ihre zwiespältigen Gefühle für Jake, ihre tiefen Gefühle für ihre Schwester und ihre überhaupt recht zwiespältige Persönlichkeit kommen gut rüber. Der Leser erfährt auch über die Nebenfiguren einiges – das meiste davon verläuft aber leider im Sande und es ist für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht entscheidend. Leider blieben mir denn doch einige Dinge schleierhaft und einiges fand ich auch unglaubwürdig, wie etwa dass Jake als Agent der Organisation ARKANE, die ja bekanntlich religiöse Phänomene untersucht, keine Ahnung hat, was Pfingsten bedeutet. Die beiden toben in verschiedenen Ländern und deren religiösen Stätten umher, schänden Heiligtümer und töten Menschen, und trotz Menschenmassen und Polizei verfolgt sie anscheinend niemand. Selbst die mysteriöse, fanatisch religiöse Organisation Thanatos taucht erst am Ende wieder auf, wird aber auch kurzerhand (wie genau?) ausgeschaltet. Morgan ist einerseits die super kaltblütige Elitekämpferin, die misstrauisch prüft und wissenschaftlich analysiert, andererseits aber die eigenen Zweifel und den Rat ihres väterlichen Freundes Ben, ARKANE nicht zu vertrauen, vollkommen irrational ignoriert. Jake und Morgan lösen aber trotzdem gemeinsam Jahrtausende alte Mysterien in wenigen Stunden. Und dass niemand den im öffentlichen Leben recht bekannten Politiker Everett aufspüren und Faye und Gemma retten kann, ist mir auch schleierhaft, zumal doch ARKANE über alles mögliche technische Gerät und Agenten in aller Welt verfügt. Die Rettung folgt denn auch gar nicht mal mit großer Action, sondern ist einzig und allein Everetts nun völlig ausbrechenden Wahnsinn geschuldet.

Fazit: Wer einfach mal nur eine Abenteuer-Geschichte mit guter Action lesen will und über teilweise krude Wendungen hinwegsieht, ist hier richtig. Sich ein bisschen für Religions- Kunst- und andere -geschichte zu interessieren ist von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich. Das Buch ist eine wilde Mischung aus Indiana Jones, Dan Browns Da Vinci Code und Lara Croft – als Verfilmung könnte ich mir das übrigens prima vorstellen – , die alle Actionelemente hat, die man braucht. Kurzweilig ist es allemal und bietet für ein paar Stunden spannende Unterhaltung. Nicht mehr und nicht weniger.