Bruchstücke einer einsamen Kindheit

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Perlen erzählt die Geschichte von Marianne, einem Mädchen, das im Alter von acht Jahren von einem Tag auf den anderen ohne ihre Mutter aufwächst. Das plötzliche Verschwinden hinterlässt eine große Leerstelle, die nicht nur ihre Kindheit, sondern auch ihr weiteres Leben prägt. Die Erinnerungen an die Mutter – Düfte, Märchen, kleine Gesten – bleiben wie Fragmente zurück und begleiten sie durch eine Jugend, die oft von Einsamkeit, innerer Unsicherheit und einem Gefühl des Nicht-Dazugehörens geprägt ist.

Der Roman beschreibt Mariannes Entwicklung mit viel Feingefühl. Dabei liegt der Fokus nicht auf äußeren Ereignissen, sondern auf inneren Zuständen: Selbstzweifel, unterschwellige Scham, ein ständiges Gefühl, nicht genug zu sein – fast so, als leide sie unter einem leisen Imposter-Syndrom. Marianne erkennt ihre eigenen Stärken lange nicht, wirkt oft etwas naiv, manchmal fast verloren im eigenen Leben. Auch Themen wie selbstverletzendes Verhalten werden angesprochen – sensibel, aber nicht beschönigend. Eine Triggerwarnung für diese Stellen ist sinnvoll.

Die Sprache des Romans ist poetisch, fast meditativ – manchmal vielleicht ein wenig zu sehr. Der Ton bleibt über weite Strecken zurückhaltend und feinfühlig, was gut zur Figur passt, aber auch dazu führen kann, dass der Text stellenweise an Spannung verliert. Wer eine handlungsgetriebene Geschichte erwartet, wird hier nicht fündig. Vielmehr ist Perlen ein Buch über emotionale Landschaften, über innere Prozesse, die sich oft nur langsam und leise entfalten.

Perlen ist ein ruhiger, sensibler Roman mit einer poetischen Sprache und einer berührenden Hauptfigur. Die Geschichte bietet einen ehrlichen Blick auf das Weiterleben mit einer frühen Wunde – ohne Kitsch, aber auch ohne große Dramatik. Für mich ein solider, nachdenklich machender Roman – stellenweise berührend, aber nicht durchgängig fesselnd.