Perlen der Erinnerungen

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Zunächst vorab: Dies ist kein Wohlfühlroman, aber ein äußerst lesenswertes Buch, das tief unter die Haut geht und auch Stellenweise weh tut.
In 'Perlen' von Siân Hughes begleiten wir Marianne, die mit gerade einmal acht Jahren ihre Mutter verliert. Diese liebenswerte Frau verlässt das Haus und kehrt nie wieder zurück.
Zurück bleiben Marianne, ihr kleiner Bruder Joe, der noch ein Baby ist, und der Vater Edward.
Was genau mit der Mutter geschah, können wir im Laufe der Geschichte nur erahnen.
Der Roman trägt durchgehend eine melancholische Grundstimmung, und es ist kaum auszuhalten, wie sehr Marianne unter dem Verlust leidet. Viele Jahre lang versucht sie, zu verstehen, was passiert ist.
Es schien doch alles so schön - ein perfektes Familienidyll, so scheint es auf den ersten Blick.
Doch Marianne wächst mit einer tiefen Verlorenheit und Trauer auf, gespickt mit Schuldgefühlen, die mir sehr ans Herz gegangen sind.
Warum hat sie es nicht bemerkt, als die Mutter ging? Hätte sie sie vielleicht sogar aufhalten können? Diese Fragen beschäftigen sie, und kein Kind sollte ein solches Päckchen mit sich herumtragen müssen.
Als Marianne schließlich selbst Mutter wird und sich die Puzzelteile langsam zusammenfügen, beginnt sie, die Geschehnisse zu verstehen und zu verarbeiten.
Ein Weg dorthin ist hart, und wird auf eine rohe und doch poetische Weise erzählt.
Besonders interessant ist die Verbindung zu dem mittelenglischen Gedicht 'Pearl', das in der Geschichte eine zentrale Rolle spielt.
Nach Beendigung des Buches empfehlen ich, die Übersetzung dieses Gedichtes zu lesen - es bringt noch einmal einiges klarer zum Ausdruck.
'Perlen' ist ein bewegendes Buch mit einer gewissen Schwere und ordentlich Tiefgang, das bei mir lange nachwirkt.