Ruhig und melancholisch

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nähpummelchen Avatar

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Die Geschichte beginnt mit der elfjährigen Marianne, deren Mutter eines Nachts verschwindet – spurlos. Zurück bleibt eine drückende Stille, ein Vater, der nicht zu sprechen weiß, und ein junges Mädchen, das beginnt, sich selbst aus der Welt der Erwachsenen herauszuschälen. Hughes lässt Marianne viele Jahre später selbst erzählen, in einer Sprache, die so klar und unsentimental ist, dass der Schmerz umso stärker wirkt.

Was dieses Buch so besonders macht, ist sein leiser Ton. Keine übertriebenen Gesten, keine dramatischen Wendungen. Stattdessen eine sehr britische Zurückhaltung, gepaart mit einer emotionalen Wucht, die sich aus alltäglichen Bildern speist: ein leerer Küchentisch, ein abgeblättertes Kinderfoto, ein Spaziergang durchs Watt. Diese Details tragen die große Frage nach dem, was uns prägt – und was wir vom Verlust behalten.

Thematisch ist „Perlen“ eine Auseinandersetzung mit Muttersein, mit weiblicher Identität, und mit dem Unvermögen, das Unsagbare zu benennen. Besonders berührend ist die Verbindung zur mittelalterlichen Perlen-Dichtung („Pearl“), die der Titel nicht zufällig aufgreift. So wie die mittelalterliche Erzählerin ein verlorenes Kind beklagt, so tastet sich Marianne durch ihr Leben, auf der Suche nach dem, was verschwunden ist und vielleicht nie ganz fassbar war.

Es ist ein ruhiges Buch – und doch bleibt es lange im Kopf. Vielleicht, weil es eine Erfahrung beschreibt, die viele kennen: das Gefühl, dass etwas fehlt, aber niemand genau sagen kann, was es war.