Trauma und Heilung, … und am Ende Tränen der Rührung

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pitty318 Avatar

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Als die kleine Marianne 8 Jahre alt ist, verschwindet ihre Mutter spurlos. Sie vermisst ihre Mutter und gibt sich die Schuld, sie nicht aufgehalten zu haben, obwohl sie gar nicht bemerkte, wann sie das Haus verließ und dass sie nicht mehr zurückzukommen würde. Die Polizei sucht sofort nach der Mutter, aber ohne Erfolg. Die Mutter hat ihren Mann, einen Säugling und ihre 8-jährige Tochter zurückgelassen.

Das Buch ist zuerst aus der Sicht der Achtjährigen geschrieben, zu der beispielsweise eine Mitarbeiterin des Schulamtes sagt: „… sie habe also ihre Mutter verloren..“ Daraufhin folgt ein Exkurs mit inneren Fragen, die sich das kleine Mädchen in dem Augenblick stellt. Sie habe also ihre Mutter verloren, ob das jetzt so sei wie einen Gegenstand oder einen Teddy, den sie im Garten vergessen habe, zu verlieren. Hätte sie besser auf ihre Mutter aufpassen müssen? Warum hat sie nicht aufgepasst und kann jetzt nicht sagen, wann und wo ihre Mutter an diesem Tag hingegangen ist.

Ich habe mehrfach lauthals gelacht wegen der Situationen in die sich das ganz unschuldige kleine Mädchen aus Verzweiflung mit ihren Aussagen brachte, da sie diese von Erwachsenen abkupferte.

Das Buch ist so atmosphärisch und doch so realistisch. Der Weg einer 8-Jährigen, die ganz genau Stimmungen mitbekommt, oft nicht weiß, was die Handlungsweisen und Aussagen von Erwachsenen bedeuten, aber ganz genau spüren kann, da stimmt etwas nicht. Die sich auflehnt, ihren Körper und ihr Leben malträtiert, um doch dieses Unbestimmte loszuwerden oder sogar zu verstehen. Die sich verhält, als sei sowieso alles verloren. Die dann im freien Fall von einer schwerhörigen uralten Frau mit Worten an einer Stelle aufgefangen wird, die sie überhaupt nicht erwartet hatte.

Trauma - der Roman beschreibt beispielhaft und sehr beeindruckend, was ein Trauma ist und wie es im Leben seine destruktiven Wirkungen entfaltet.
Die Sprache gefällt mir sehr gut und verändert sich im Verlauf des Buches. Mal ist es aus der Sicht eines kleinen Mädchens geschrieben, mal aus der Sicht eines verunsicherten Teenagers, dann wieder aus der geläuterten Sicht einer Mutter. Ein besonderer und vielschichtiger Roman, den ich Lesenden empfehlen kann, die ein nicht alltägliches Buch suchen.

Man muss schon wissen, um was es in diesem Buch geht, was das Thema ist, dann hat man Lesevergnügen an dem schweren Thema. Die Sprache ist Metapher-reich, stellenweise sehr poetisch und transportiert immer wieder eine Leichtigkeit über die verwendeten Worte.

Ich habe nicht alles verstanden, z. B. die Gedichte vor jedem Kapitel. Ich habe sie sehr bald nicht mehr gelesen. Sie gefielen mir nicht. Aber das hat dem Buch keinen Abbruch getan.

Das Ende war so bewegend, dass ich vor Rührung und Erleichterung geweint habe für diese Frau, die fast ihr ganzes Leben auf der Suche nach Heilung über den frühen Verlust der Mutter in jungen Jahren war.

Fazit: Ein äußerst bewegender und lesenswerter Roman für Leser:innen, die Tiefgang suchen.