Raus aus dem Schubladendenken!

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rauschleserin54 Avatar

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Das herrlich bunte Cover mit dem noch interessanteren Titel haben mich sofort angesprochen!

Alina Bronsky ist mir bekannt. Habe ich doch zuletzt „Barbara stirbt nicht“ geradezu verschlungen.
Vor allem mag ich ihren Stil, vermeintlich bekannte Gegebenheiten und mit Vorurteilen belegte Protagonisten ganz anders kennenlernen zu dürfen.
Das regt zum eigenen Blick über den Tellerrand an und es ist spannend und auch mal amüsant und zum Schmunzeln. Es ist aber zuweilen auch sehr berührend und macht demütig.

Ich mag Susi Kosinsky sofort, auch wenn sie schrill und bunt und laut und für Oscar übergriffig daherkommt. Sie wird eher für die Putzfrau gehalten, als für eine Kommilitonin im ersten Mathe-Semester der Uni.
Sie setzt sich ausgerechnet zum Überflieger und Einzelgänger Oscar, der mit 16 Jahren hier ist und außer mit Mathe in der Welt nicht gut zurechtkommt. Seine anfängliche unempathische Art Susi gegenüber schmilzt aber etwas, weil auch er von den Köstlichkeiten ihrer Tupperdosen profitiert, wenn er zu unterzuckern droht. Ansonsten ist sie die fürsorglichste Oma und Familienmanagerin, die man sich vorstellen kann. Und sie ist über 50 und erfüllt sich ihren Herzenswunsch.

Im Laufe der Geschichte wird Oscar noch Hören und Sagen vergehen und er wird die vielleicht wichtigste Erfahrung seines Lebens machen:
Freundschaft.

Alina Bronsky stellt uns mit leiser Stimme und ohne erhobenen Zeigefinger bloß, wenn wir uns einlassen auf ihre Art, die Welt vorurteilsfrei zu erkunden. In einer schönen Sprache und immer wieder mit Überraschungen und Wendungen des Erzählten. Nach der letzten Seite
gibt es erstmal viel für mich zum Nachdenken und ich schmunzle über einige Situationen noch im Nachhinein und ich wische mir auch noch mal die eine oder andere Träne weg, wenn ich meine Lieblingsstellen nachschlage.
Das kann die Autorin, Humor, Ernst und eine Moral am Ende. Natürlich
greift sie dazu auch gern mal zu Überspitzungen bei der Beschreibung der Charaktere und Klischees.
Aber sie geht behutsam mit ihren Protagonisten um, weil sie sie liebt.
So geht Gesellschaftskritik auch!
Hiermit gebe ich eine klare Leseempfehlung und danke, Alina Bronsky!