Unterhaltsam, sehr gut lesbar ... und doch kam ich den Figuren nicht nahe

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takabayashi Avatar

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Ein neuer Roman von Alina Bronsky - darauf hatte ich mich gefreut! "Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky“ hieß es einmal in einem Verlagstext, und z.B. bei Herrn Schmidt in "Barbara stirbt nicht", konnte ich das nachvollziehen und fand diese tragikomische Figur tatsächlich doch liebenswert. Bei "Pi mal Daumen" gelang mir das nicht! Klar, Oskar kann einem schon leidtun, aber ein Sympathieträger ist er nun wirklich nicht ...
Oskar, der 16-jährige, sehr behütete, Überflieger mit autistischen Zügen aus adliger, sehr wohlhabender Familie, interessiert sich ausschließlich für Mathematik, ist im Übrigen aber völlig weltfremd. Er ist jetzt allein zum Studium nach Berlin gekommen und lernt am ersten Studientag in der Uni Moni Kosinsky kennen: über 50, 3fache Großmutter, schrille, eher prollige Aufmachung, zuerst von allen für eine Putzkraft gehalten. So unwahrscheinlich es scheint, entwickelt sich doch zwischen diesen beiden Außenseitern eine Hilfsgemeinschaft, so eine Art Freundschaft. Um die Entwicklung dieser Beziehung zwischen zweien, die sich gegenseitig in diesem akademischen Umfeld zum Überleben brauchen, geht es in diesem Roman.
Das liest sich sehr unterhaltsam, keine Frage, Alina Brody beherrscht ihr Handwerk, aber überzeugt hat mich die Geschichte nicht. Es gibt eine Vorgeschichte aus Monis Leben, die erklären soll, warum sie, trotz ihres familiären Umfeldes, den heimlichen Wunsch entwickelt hat, Mathematik zu studieren, und auch, warum sie Oskar gegenüber so viel Geduld an den Tag legt. Und wie sie das alles schafft, Familienleben und -Pflichten, Teilzeitjobs und Studium! Ein wahrer Übermensch. I don't buy it! Und Oskars Arroganz und Verachtung gegenüber anderen Menschen aufgrund seiner krankheitsbedingt eingeschränkten Weltsicht wurde mir irgendwann unerträglich. Ich lese einfach lieber Bücher, in denen es eine Identifikationsfigur für micht gibt.
Meine Reaktion auf dieses Buch ist daher recht ambivalent. Ich habe mich bei der Lektüre gut amüsiert, aber ich verstehe eigentlich nicht, was dieser Roman mir sagen will.