Gerechtigkeit und Feminismus

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nele2505 Avatar

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Yu-hee hat sich von der Welt der Menschen weitgehend verabschiedet. Zu oft wurde sie verletzt, zu oft hat sie erlebt, wie Frauen klein gemacht oder übersehen werden. Ihre Antwort darauf ist radikal ruhig: Sie umgibt sich mit Pflanzen. In ihrem kleinen Laden pflegt sie Blatt für Blatt, Wurzel für Wurzel - und öffnet zugleich eine Tür für Frauen, die einen Ort der Sicherheit suchen. Doch was zunächst nach Rückzug aussieht, entpuppt sich als stille Rebellion. Denn Yu-hee hat ihre ganz eigene Art, auf Ungerechtigkeit zu reagieren und das endgültig.

Der Roman ist still, fast spröde, und gerade deshalb so intensiv. Auf nur rund 200 Seiten entfaltet sich eine Geschichte, die leise erzählt wird, aber laut nachhallt. Lee Suzy verzichtet auf große Gesten oder dramatische Enthüllungen. Stattdessen liegt die Wucht in den Pausen, im Ungesagten, in den Blicken, die Figuren einander zuwerfen, oder eben nicht.

Was mich besonders beeindruckt hat, ist, wie selbstverständlich das Buch feministische Themen mit poetischer Symbolik verbindet. Der Pflanzenladen wird zum Spiegel einer Gesellschaft, in der manche wachsen dürfen, während andere zurückgeschnitten werden. Jede Topfpflanze, jedes Gespräch mit einer Kundin trägt Bedeutung; und irgendwann merkt man, dass die grüne Idylle Risse hat.

Trotz der dunklen Untertöne ist Plant Lady kein brutales Buch. Es ist nachdenklich, traurig und zugleich befreiend. Man liest es schnell, aber man denkt noch lange darüber nach. Yu-hee bleibt eine Figur, die man nicht klar verurteilen oder feiern kann. Und genau das macht sie so faszinierend.

Ein stiller, scharfkantiger Roman über Wut, Fürsorge und die Frage, was Menschen zum Blühen bringt oder was sie zerstört.