Gut recherchiert und fesselnd! 4,5 Sterne

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nordlicht Avatar

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Inhalt
Die Polizeiärztin Magda Fuchs und ihr Lebenspartner Kommissar Kuno Mehring bekommen es mit einer Reihe sinnloser Angriffe auf Prostituierte zu tun, die Frauen werden durch Messerstiche in den Bauch verletzt, zwei der Angegriffenen sterben. Da sie von ihren Einkünften als Polizeiärztin nicht leben kann, eröffnet sie eine gynäkologische Praxis. Dort wird sie mit den schwierigen Verhältnissen konfrontiert, in denen viele Patientinnen leben. Durch die Inflation geht es vielen Menschen – nicht nur aus der Unterschicht – schlecht und die zahllosen ungewollten Schwangerschaften verschärfen die Lage der Familien.
Celia von Liebenau hat sich nach dem Tod ihres Mannes den Traum vom Medizinstudium erfüllt, dennoch ist ihr Leben nicht frei von Konflikten. Die Beziehung zu ihrer Mutter ist nach wie vor schwer belastet und auch ihre Partnerschaft mit dem reichen Edgar Hinnes ist nicht ohne Konfliktpotenzial, da Edgar ihre Eigenständigkeit nicht immer akzeptieren will.
Doris Kaufmann wünscht sich keine feste Partnerschaft und träumt weiterhin von einer Karriere als Schauspielerin, doch der gewählte Weg ist steinig.
Die Anwältin Ruth Jessen verdient ihr Geld mit Scheidungsfällen und Eheverträgen, sie berät auch Celia.

Beurteilung
Der zweite Band setzt die Geschichte um die vier starken Frauenpersönlichkeiten Magda, Celia, Doris und Ruth fort, deshalb ist es empfehlenswert, ihn erst im Anschluss an den Vorgängerband zu lesen. Auch hier wird das Leben im Berlin der 1920er Jahre, vor allem aus der Sicht der Frauen, geschildert. Magda wird als Ärztin wiederholt mit Bitten um eine Abtreibung konfrontiert, ihre persönliche Einstellung zu dieser Frage hat für die betroffenen ungewollt Schwangeren teilweise tragische Folgen. Dass es quasi unmöglich ist, unter dem Deckmantel der „Gesundheitsfürsorge“ Verhütungsmittel bekannt zu machen und zu verteilen, macht die Lage nicht einfacher. Celia muss ihre Rolle als Studentin und Aushilfsschwester im Krankenhaus mit der Rolle als Verlobte eines stadtbekannten Mannes unter einen Hut bringen und Doris muss feststellen, dass das Leben ohne festen Partner für eine Jungschauspielerin gar nicht so einfach ist.
Der historische Hintergrund der Zeit ist gut recherchiert. Den Menschen geht es nicht gut, viele Männer sind noch immer von den Erlebnissen des Ersten Weltkrieges traumatisiert, die Frauen müssen weiterhin um mehr Unabhängigkeit und das Recht, über ihre Körper zu bestimmen, kämpfen. Bis auf die Reichsten leiden alle Bürger unter der extremen Inflation, die in vielen Familien zu Hunger führt und illegale Einkäufe auf dem Schwarzmarkt erforderlich macht. Diese Märkte werden oft von Juden geführt, die sich bereits zunehmender Aggressivität und Verfolgung ausgesetzt sehen.
Der Erzählstil ist lebendig und anschaulich, er erzeugt Kopfkino und lässt die Charaktere der Romanfiguren plastisch hervortreten.

Fazit
Eine sehr lesenswerte Fortsetzung, die man jedoch erst im Anschluss an den ersten Band um die Polizeiärztin Magda Fuchs und ihr Umfeld lesen sollte!