Wiedersehen mit Magda Fuchs

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
kleine hexe Avatar

Von

Dies ist eine nahtlose und passende Fortsetzung des ersten Romans um Polizeiärztin Magda Fuchs und den interessanten Personen um sie.
Die Zeit der 20er Jahre in Berlin wird detailliert eingefangen: die Jeunesse Doree gibt sich dem Vergnügen und dem Kokain hin, die Armen kämpfen ums tägliche Überleben. Hinzu kommt die ungeheuerliche Inflation, das Erstarken verfassungsfeindlicher rechtsextremer Gruppierungen Straßenschlachten, ständig wechselnde Regierungen die nicht gerade zur Stabilisierung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage beitragen. Neu war mir, dass sich in Berlin eine große Zahl galizischer jüdischer Flüchtlinge als Folge des Ersten Weltkrieges befand. Gerade nur geduldet, den Schikanen der Polizei und der faschistoiden Schlägertruppen ausgesetzt, ohne konkrete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, ist es kein Wunder, dass sie sich dem Schwarzmarkt widmen, der wiederum ein Dorn im Auge der Obrigkeit ist. Das schaukelt sich gegenseitig hoch.
Doch zurück zu Magda Fuchs und den anderen Frauen die wir aus dem ersten Roman kennen. Magda ist Polizeiärztin mit einem viel zu niedrigen Einkommen, eröffnet sie eine Praxis für Frauen- und Kinderheilkunde. Doch nicht lange kann sie die Praxis halten. Von ihrer Vermieterin und einigen Frauen bedrängt, weigert sie sich hartnäckig Schwangerschaften abzubrechen. Unter diesen Bedingungen kann sie die Praxis nicht weiterführen. Ihr Mann, der Polizeikommissar Kuno Mehring unterstützt sie und bestärkt sie in ihrer Ablehnung gegenüber Abtreibungen. Ihre Patientinnen sind entweder reiche Frauen die in ihre Praxis zur Konsultation kommen oder Prostituierte und Frauen aus den Armenvierteln die Magda im Gefängnis oder im St, Hedwig-Krankenhaus.
Celia ist vom Tod ihres ersten Mannes freigesprochen worden, es war ein Selbstmord. Sie kann nun Medizin studieren. Edgar, ihr Geliebter, ist schwerreich doch scheint er recht labil zu sein. Celia wird regelrecht in eine Verlobung dann Ehe mit ihm gedrängt.
Die junge Doris lebt nur für ihren Traum, Filmschauspielerin zu werden, nimmt dafür alles in Kauf.
Erika, die Journalistin und neuerdings auch Schriftstellerin, unterstützt Doris und interessiert sich auch für Magdas Arbeit als Polizeiärztin.
Ina, arbeitet sich in der Fürsorge komplett auf, sie versucht mit äußerst begrenzten Mitteln Familien in Not zu helfen. Kinder und Frauen sind die Leidtragenden, während sich die Männer der armen Klassen in Alkohol und Gewalt ertränken.
Über allen grassiert ein Serienmörder, der jungen Frauen – hauptsächlich Prostituierten en passant sozusagen, den Bauch aufschlitzt. Doris, die selbst Opfer des Serientäters wurde, erkennt die Person und Magda kann zur Festnahme beitragen. Dieser Krimi erscheint fast wie eine Nebenhandlung, so sehr nimmt uns das Schicksal der starken und selbstbestimmten Frauen gefangen. Was heute für uns eine Selbstverständlichkeit ist, war damals ein harter Kampf. Studium, Familie und Beruf vereinbaren – das war damals für Frauen keine Selbstverständlichkeit.
Der einfache und geradlinige Erzählstil, etwas zurückhaltend, wenn es um große Gefühle geht, macht das Buch noch attraktiver. Die Recherchen zum Berlin der 20er Jahre sind allumfassend und kommen rüber, ohne in eine Geschichtsvorlesung auszuarten. Einfach aber gekonnt in die Handlung eingebettet, merkt man erst hinterher wieviel Neues man über die Roaring Twenties in Berlin erfährt.