Zweiter Band der Reihe um Magda Fuchs

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Die Annäherung von Polizeiärztin Magda Fuchs und Kriminalkommissar Kuno Mehring beim Tango auf dem Silvesterball 1921/22 in Berlin wird jäh unterbrochen: Die junge Schauspielerin Doris Kaufmann bricht schwer verletzt zusammen. Jemand hat sie, unbemerkt von allen, niedergestochen.
Das Autorenduo unter dem Pseudonym Helene Sommerfeld knüpft nahtlos an den ersten Band der Reihe um die Polizeiärztin an. Und zwar auf eine spektakuläre Weise, die auf Spannung und ein wenig Kriminalistik hoffen lässt.
Um es gleich vorweg zu sagen: Diese Erwartung wird enttäuscht. Das Verbrechen spielt für sich kaum eine Rolle, sondern bettet sich ein in das Gesamtbild, welches vom Lebensgefühl der damaligen Zeit vermittelt wird. Denn das ist offenbar das Hauptanliegen des Romans.
Am Beispiel einiger Personen, ihrer Beziehungen untereinander, der Konflikte innerhalb und außerhalb der Familien, können wir sehr dicht miterleben, welche Einschränkungen die damaligen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen den Menschen, insbesondere den Frauen, vorgaben. Emanzipation, Wirtschaftsmacht, Inflation, Moral, Armut, Antisemitismus sind nur einige der Themen, die Eingang in die Handlung finden und das Berlin der 1920er Jahre heraufbeschwören. Wie viele Steine Celia im Weg zu ihrem Medizinstudium im Weg liegen, was eine ungewollte Schwangerschaft für eine unverheiratete Frau bedeuten kann, mit welchen Zahlen täglich neu die Geldscheine überdruckt werden - die Problematik dieser Zeit wird plastisch dargestellt.
Was zu Anfang etwas stört, ist das explizite Hinweisen auf bestimmte zeittypische Gegebenheiten. Später aber wird aber der Zeitgeist recht authentisch und unaufdringlich vermittelt. Der Schreibstil ist recht flüssig, geradezu routiniert, doch gibt es Nachlässigkeiten wie Wortwiederholungen oder geschraubte Dialoge, die die Lesefreude mindern.
Zu beachten ist außerdem, dass diese Reihe zu jenen gehört, die, wenn irgend möglich, in ihrer chronologischen Reihenfolge gelesen werden sollten.
Neben diesen kleinen Kritikpunkten gibt es aber noch etwas Unverzeihliches, nämlich die Klappentexte. Der auf der inneren Umschlagseite erweckt völlig falsche Erwartungen, der auf der Rückseite verrät Inhalte bis weit in die zweite Hälfte des Buches. Wenn es denn einen Preis für die schlechtesten Klappentexte gäbe - dieses Buch hätte ihn verdient.