Brisantes und aktuelles Thema - leider nicht überzeugend umgesetzt

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monika85 Avatar

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Der Ullstein Verlag hat den Debütroman "Poppy" der norwegischen Autorin Kristine Getz veröffentlicht.
Das Cover ist hinreißend gestaltet, und der Klappentext weckte meine Neugier auf das Buch.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht die junge Familie Wiig während einer Zeitspanne von nur 4 Tagen: die Influencerin Lotte, ihr Mann Jens und die zweijährige Tochter Poppy. Die Familie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit der Vermarktung des Familienlebens in den sozialen Medien, wobei Poppy als Hauptperson. als unfreiwilliger Star, fungiert. Bereits die Geburt des Kindes war Thema in den Netzwerken, und es vergeht kein Tag, an dem die Familie nicht Berichte postet und kleine Filme veröffentlicht. Die Tätigkeit bringt der Familie mehr als 400.000 Follower, die ihrem scheinbar perfekten Leben folgen, und einen gewissen Wohlstand.
Während eines Aufenthaltes bei den Großeltern verschwindet Poppy spurlos.

Die junge Kommissarin Emer Murphy, nach 6 Wochen Aufenthalt in der Psychiatrie immer noch krankgeschrieben und unter Psychopharmaka stehend, beginnt gegen den Rat ihrer Lebensgefährtin und ihres Arztes mit den Ermittlungen und unterstützt dabei ihren Kollegen Mons Tidemand.

Die Geschichte erinnert mich sehr an "Die Kinder sind Könige" von Delphine de Vigan. Auch in de Vigans Buch geht es um die permanente Internetpräsenz von Eltern, die ihre Kinder in den Medien vermarkten. Auch sie bringen es dank vieler Follower zu einem gewissen Wohlstand. Aber im Gegensatz zu Kristine Getz gelingt es Delphine de Vigan, dem Leser die Ausbeutung, der die Kinder ausgesetzt sind. sehr deutlich und mit viel Intensität vor Augen zu führen.
Bei Kristine Getz vermisse ich die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Internetsucht und Vermarktung von Kindern ohne deren Erlaubnis. Es bleibt vieles sehr an der Oberfläche.

Emer Murphy ist eine interessante Figur, jedoch hätte ich mir ihre Darstellung und die Beschreibung ihrer psychischen Probleme realistischer gewünscht. Die Esotherik-Geschichte rund um Emers Großmutter war meiner Meinung nach überflüssig.

Bei der Ermittlungsarbeit fehlte mir die Fokussierung auf das verschwundene Kind. Stattdessen stehen zunehmend Familienmitglieder und andere Nebenfiguren im Zentrum des Geschehens, so dass die Geschichte für mich zäh wurde, deutlich an Spannung verlor und ich aufpassen musste, vor dem Hintergrund der vielen Personen nicht den Faden zu verlieren.

Der Sprachstil der Autorin ist eher schlicht, keine ihrer Figuren war mir sympathisch, und es mangelte mir an Spannung, die ich in einem Thriller einfach voraussetze. Das Ende war zwar überraschend, hat mich aber nicht überzeugen können.