Insta-Thrill mit Überraschungen

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"Dein Kind verschwindet - und die ganze Welt sieht zu" - mit diesem Nachsatz zum Titel hat "Poppy" mich neugierig gemacht.
Gemeint ist damit, dass Poppy der kleine Star eines Mamablogs ist. Geführt von den Eltern Jens und Lotte, beide immer darauf bedacht ihr Leben und vorallem mit der Öffentlichkeit zu teilen. Dass das ganze nebenbei noch lukrative Werbedeals an Land zieht ist nicht nur eine angenehme Begleiterscheinung, es ist das Hauptziel.
Dann bekommt Mama Lotte plötzlich eine alarmierende Nachricht inklusive für einen Stalker sprechende Bilder zugeschickt und kurze Zeit später ist Poppy verschwunden.

Emer Murphy wird auf den Fall aufmerksam. Ursprünglich sollte sie sich zu Hause noch erholen, hatte es ja gerade erst vor ein paar Wochen einen Zwischenfall gegeben. Doch die Kommissarin der Osloer Polizei wird das Gefühl nicht los, dass Poppy sie braucht. Dass eine Verbindung zwischen ihr und dem Kind gegeben ist..

Und schon steckt man drin in der Geschichte. Nachdem Autorin Kristine Getz dem Leser kurz die Möglichkeit gibt sich ein Bild der Familie Wiig, also Poppys Eltern und Großeltern, zu machen und Emer in die Geschichte zu integrieren ist die Geschichte auch schon in vollem Gange.
Nun geht es ans Ermitteln, aufgelockert durch zwischendurch eingebrachte Instagramkommentare und Forenbeiträge - denn natürlich ist Poppys Fangemeinde mit Haut und Haar dabei.
Hier muss ich Getz wirklich loben: Ich hatte ziemlich schnell einen Verdacht wer und warum mit dem Verschwinden des kleinen Mädchens in Verbindung zu bringen ist - und bin damit gnadenlos gegen die Wand gefahren!
Bis zur Auflösung habe ich gerätselt und mir Gedanken gemacht, lag aber mit allem falsch. Hier wurden die Brotkrumen also wunderbar weitläufig verteilt - gut gemacht!

Vor gar nicht all zu langer Zeit habe ich den Thriller "Like Hate" gelesen; eine ganz ähnliche Thematik: Eine erfolgreiche Influencerin im Mama-Bereich, der es zum Verhängnis wird so offen mit ihrem Leben umzugehen. Damals hatte ich auch schon Spaß an der Lektüre - "Poppy" ist allerdings mitreißender. Die 430 Seiten fliegen nur so dahin, auch Dank der kurzen Kapitel.

Als Mutter ging mir die Geschichte natürlich besonders nah - vorallem Poppy etwa im gleichen Alter wie meine Tochter ist. Aus den Augen eines Kindes betrachtet ist das alles sehr, sehr grausam.
Aber der Fokus wird bewusst auf die unheimlich unsympathische Familie Wiig gelenkt.
Und natürlich Ermittlerin Emer. Vor Emer sollte allerdings deine eine oder andere gewarnt werden: Da es sich hier um einen Reihenauftakt zu jener Frau handelt, wird vieles nur angeschnitten. Unter anderem aber auch, dass diese oder jene Besonderheit an Emer sich nicht ganz begründen lässt ohne ins Esoterische oder vielleicht sogar Übernatürliche zu gehen. Das ist nicht jedermanns Geschmack. In diesem Band fällt diese Charakteristika aber nicht soweit ins Gewicht und ich persönlich empfand es nicht als störend. Ich bin eher neugierig geworden.

Zum absoluten "Wow"-Buch fehlte mir etwas. Vielleicht war es auch der etwas eigenwillige Schreibstil, an den ich mich zunächst gewöhnen musste. Dennoch ist "Poppy" ein starkes und fesselndes Debüt und verdient 4,5 Sterne.