Unter der glänzenden Oberfläche

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europeantravelgirl Avatar

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Es sind die Influencer und Blogger, mit denen dieser Thriller hart ins Gericht zieht. Jens und Lotte Wiig posten ihre zweijährige Tochter Poppy in allen Lebenslagen, nichts ist zu privat. Da wird auch mal eben noch auf Instagram gezeigt, dass die kleine Poppy über Nacht bei ihren Großeltern im Haus auf Bygdøy bei Oslo übernachtet – bis Poppy nach eben diesem Post spurlos verschwindet.

Der Thriller nimmt sich eines sehr aktuellen Themas an. Kennen wir nicht alle Blogger, die großzügig Einblick in ihr Privatleben gewähren? Und allzu oft werden auch Kinder gezeigt. Die Geschichte beleuchtet den Konflikt zwischen den finanziellen Verlockungen und der Verantwortung für Familie und Kind. Alle Schwarzmalerei scheint sich zu bestätigen, als eine Spur ins Milieu der Pädophilen führt. Ein Alptraum.

Doch auch unter der Oberfläche der Familie Wiig, die in Oslo zu den sogenannten feinen Kreisen zählt, brodelt es gewaltig. Da kommen mühsam unterdrückte Abneigungen zutage, bis dahin unbekannte Verwandte tauchen auf und düstere und entsetzliche Geheimnisse drängen ans Licht. Ermittlerin Emer Murphy und ihr Partner Mons Tidemond haben alle Hände voll zu tun, wobei Emer nach einem rätselhaften Zusammenbruch eigentlich noch gar nicht wieder im Dienst sein dürfte.

Erschütternd und überaus realistisch fand ich, wie die Vorgänge in verschiedenen Internetforen wahrgenommen und bewertet werden. Die enorme Vielschichtigkeit und die vielfältig verflochtenen Beziehungen in dieser Geschichte machen sie komplex, aber man wird das Gefühl nicht los, dass weniger mehr gewesen wäre. Sehr viele Themen, sehr viele Handlungsstränge, die an-, aber nicht auserzählt werden. Insgesamt fehlt der Geschichte die für einen Thriller eigentlich unabdingbare Hochspannung. Auch das Erzähltempo kommt eher gemächlich daher, so dass sich das Buch eher wie ein ruhiger Roman als wie ein hochbrisanter Thriller liest. Was realistisch und gesellschaftskritisch begonnen hatte, endet zudem leider in einem zu konstruierten Finale.

Mein Fazit: Eine Geschichte mit Schwächen, aber interessanten Figuren, die bereits eindeutig auf eine Fortsetzung angelegt ist.