Familiengeheimnisse

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herbstrose Avatar

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Wir befinden uns im Jahr 1992, als Gwen Farleigh, eine in London lebende Mittdreißigerin, von ihrer betagten Tante Lily von Stein eingeladen wird, mit ihr und ihrer Jugendfreundin Lotte an die Ostsee nach Polen zu fahren, dahin, wo die Familie bis zum II. Weltkrieg einen Gutshof besaß. Bei den Reisevorbereitungen entdeckt Gwen einen Koffer mit Unterlagen und Dokumenten ihrer verstorbenen Mutter. Es befinden sich darin auch Aufzeichnungen und Tagebücher von Ella Blau, einer ehemaligen Freundin von Gwens nunmehr 94jährigen Großmutter Ilsabé von Isolani, aus den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen. Gwen beginnt zu lesen und erfährt dabei Geheimnisse ihrer Familie, die ihr auf ihrer Reise in die Vergangenheit sehr nützlich sind …
Elisabeth Sandmann (*1960) ist eine deutsche Buchautorin, Verlagsbuchhändlerin, Verlegerin und promovierte Literaturwissenschaftlerin, die sich gerne mit Biografien außergewöhnlicher Frauen beschäftigt. Sie lebt mit ihrem Mann in der Nähe von München und ist Mutter eines erwachsenen Sohnes.
Zu Anfang ist die Geschichte sehr verwirrend, da man gleich mit sehr vielen Personen und deren komplizierten Familienverhältnissen konfrontiert wird. Wer gehört zu wem, wer ist wessen Bruder bzw. Schwester, wie heißt nun mal wieder der Onkel oder die Tante, welche Großmutter gehört zu welchem Großvater, war das die erste oder zweite Ehe, wer ist wessen Freundin und wie waren nochmal die Namen von Gwens Eltern? Zwar liegt dem Buch eine kleine Faltkarte mit den wichtigsten Namen bei, aber auch die ist nicht immer hilfreich.
Hat man die verworrenen Verhältnisse erst mal gedanklich sortiert, wird es sogar spannend. Die entdeckten Tagebücher und Gwens Gespräche mit noch lebenden Verwandten lassen ein Familiengeheimnis vermuten, das sich im Nachhinein jedoch eher als banal entpuppt. Der Schreibstil ist angenehm flüssig und schön komponiert - doch leider ist der Roman durch den Umfang und die verworrenen Verhältnisse schwer zu lesen und erfordert eine gewisse Konzentration. Die Figuren sind lebensecht und authentisch beschrieben, dennoch konnte ich zu ihnen keine Verbindung aufbauen, da mir ihre Emotionen fehlten. Das Geschehen zieht sich recht zäh dahin, obwohl immer wieder (zu viele) neue Geheimnisse auftauchen und Heimlichkeiten angedeutet werden.
Zu loben ist die Recherchearbeit der Autorin, die bei den komplexen Themen dieses Romans (Weltkriege, Judenverfolgung, verschwundene Gemälde, Schloss Elmau in Bayern, verlorene Güter im Osten, geheime Schließfächer in der Schweiz etc.) nötig war. Leider wirkt die Geschichte jedoch dadurch sehr überladen.
Fazit: Ein Buch für Liebhaber ausschweifender Familiengeschichten – für mich war es eher ungeeignet.