Familiengeheimnisse

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
nell liest Avatar

Von

Angestoßen durch einen Anruf ihrer Großtante Lily begibt Gwen sich in die Vergangenheit. Sie möchte sich endlich mit der Familiengeschichte auseinanderzusetzen, die durchsetzt ist von Schweigen und Geheimnissen. Alle Fäden laufen bei Ilsabé, Gwens Großmutter zusammen, die von allen nur die Gräfin genannt wird, inzwischen in Chile lebt und damals Tochter Marga, Gwens Mutter, bei ihrer Freundin Ella abgeschoben hat. Ella wurde zu Margas Ziehmutter und hat detaillierte Aufzeichnungen hinterlassen, welche Gwen immer weiter in die Untiefen der Familie führen und die eine zentrale Frage aufwerfen: Welche Schuld hat Marga bei einem Unwetter in die Berge getrieben, wo sie tödlich verunglückte?
„Porträt auf grüner Wandfarbe“ von Elisabeth Sandmann ist ein Reise durch ein ganzes Jahrhundert, welches einerseits geprägt ist von Krieg und Armut, anderseits von Dekadenz. Ella und Ilsabé bilden die beiden Pole und könnten nicht unterschiedlicher sein. Der Roman ist ein anschauliches Beispiel wie Schuld, auch wenn sie vertuscht und verschwiegen wird, eine ganze Familie zersetzen und auffressen kann.
Die schiere Anzahl der Charaktere kann verwirrend sein, aber sie sind gut gezeichnet und alle tragen einen weiteren kleinen Teil zum Lösen des großen Familienrätsels bei. Manchmal gab es einige Längen und die wiederholten Zusammenfassungen hätte ich nicht gebraucht, aber durch die Briefe und den Bericht von Ella (ich möchte es nicht Tagebuch nennen, denn es ist in der dritten Person von Ella geschrieben) ist es abwechslungsreich und die gekonnt eingesetzten Cliffhänger, die sich nur wenig konstruiert anfühlten, ließen mich immer weiterlesen. Auch ich wollte die vielen kleinen Geheimnisse ergründen. Sprachlich ist es etwas in der Zeit hängengeblieben, aber auch das passt irgendwie.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Roman als mehrteilige Fernsehserie verfilmt wird und auch, dass meine Mutter direkt einschalten würde.