Gelungenes Portrait über eine außergewöhnliche Adelige

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monika85 Avatar

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Im Mittelpunkt von Irene Disches neuem Roman "Prinzessin Alice" steht die 1885 in Windsor Castle als Victoria Alice Elizabeth Julia Marie geborene Prinzessin von Battenberg, Urenkelin Queen Victorias und spätere Prinzessin von Griechenland. Sie war die Mutter von Prinz Philip, dem Gemahl der späteren Königin Elizabeth II, und sie war darüber hinaus die Großmutter von König Charles III. 

Prinzessin Alice hat viel erlebt, nach der Vertreibung aus Griechenland lebt sie inzwischen seit 10 Jahren mittellos mit ihren fünf Kindern in einem Gästehaus neben einer Pariser Villa. Der Lärm der Kinder stört sie nicht, da sie von Geburt an taub ist. Die 43-Jährige häkelt Zierdeckchen und strickt Topflappen, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Der Erlös ist für dringend benötigte Lebensmittel bestimmt, doch oft verteilt sie das wenige Geld an die Armen. Ihr Ehemann, Prinz Andreas von Griechenland, mit dem sie mit 18 Jahren verheiratet wurde, hält es nicht lange in Paris aus und zieht nach Monaco. 
Alice ist glücklich, sie liebt das Leben und flüchtet nun in eine religiöse Traumwelt. Intensives Beten lässt sie in Ekstase geraten. Der berühmte Psychoanalytiker Sigmund Freud gelangt zu der Überzeugung, dass Alice unter Schizophrenie leidet, worauf die Familie sie gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Klinik am Bodensee unterbringt ....

Die Geschichte ist in sehr schöner, klarer Sprache erzählt und liest sich sehr flüssig. Die Figurenzeichnung ist großartig, und ich fand es interessant, die Prinzessin kennenzulernen, die nicht nur 30 Jahre lang die Schönste der Familie war, sondern auch sehr intelligent und die das Lippenlesen in fünf Sprachen perfekt beherrschte. Der Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik muss grausam für Alice gewesen sein. Ein Jahr lang war sie dort ans Bett gefesselt und hilflos allen Behandlungen ausgesetzt, erst nach 2 1/2 Jahren gelang ihr die Flucht. In der Zwischenzeit ist viel passiert, ihre Töchter haben durch Heirat ihre Armut hinter sich gelassen, ihren Sohn Philip hat man auf ein Internat nach England geschickt. Nach einem schweren Schicksalsschlag hält sie nichts mehr in Deutschland, und sie geht zurück nach Athen.  

Dass Irene Dische die Ich-Form für ihren Roman gewählt hat, fand ich sehr gelungen. Sie ermöglicht es dem Leser, besonders intensiv in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin zu blicken. Ich mochte die sympathische Alice, die ein großes Herz für die Bedürftigen hatte und ihre eigenen Schicksalsschläge annahm, ohne den Mut zu verlieren. Ihren Schmerz über die verlorenen Jahre in der Klinik und den fehlenden Kontakt zu ihren Kindern habe ich sehr gut nachempfinden können.   

Ich habe das berührende Buch sehr gern gelesen und möchte nun noch mehr über Prinzessin Alices Wirken für die Armen in Griechenland erfahren, ehe sie nach einem Militärputsch abermals das Land verlassen musste und ihre letzten Lebensjahre im englischen Königshaus verbrachte.
Absolute Leseempfehlung für den fesselnden Roman über eine außergewöhnliche Adelige!