Zieht sich

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rebekka Avatar

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Wer in großen Nöten ist, wäre sicher froh, wenn es „Orphan X“ wirklich gäbe: einen Mann, der denen hilft, die sich nicht selbst helfen können, und den miesesten Verbrechern das gibt, was sie verdienen. Einen, der von Kindesbeinen an zum Killer ausgebildet wurde, dessen Ehrenkodex ihm aber vorschreibt: Lasse niemals einen Unschuldigen sterben. „Handyman“ Jack von Paul F. Wilson ist so ein Retter in der Not; allerdings bekommt er es nicht nur mit Gangstern, sondern auch mit Dämonen tun, und das ist nicht jedermanns Sache. „Nowhere Man“ Evan Smoak dagegen kämpft gegen ganz reale Schweinehunde, befreit Mädchen aus den Fängen einer Menschenhändlerbande und richtet ein Blutbad unter deren Entführern an.

Damit hat Greg Hurwitz einen fulminanten Einstieg in sein zweites Buch um den früheren Killer einer geheimen Organisation der US- Regierung gefunden. Leider wechselt er dann aber auf eine ganz andere Schiene über: Evan wird selbst entführt und versucht, aus seinem komfortablen Gefängnis zu entkommen. Und das zieht sich! Und zieht sich! Clever geplante Ausbruchsversuche scheitern stets aufs Neue, mit der Folge, dass ich wurde immer ungeduldiger wurde, Seiten überblätterte und völlig genervt dachte: „Junge, jetzt komm doch mal zu Potte! Jack Reacher wäre schon längst auf und davon!“ Ähnlich in die Länge gezogen wirken die einzelnen Nahkämpfe, auf die sich „Orphan X“ einlässt: Hurwitz beschreibt jeden einzelnen Schlag, so dass man meint, eine Regieanweisung für einen Action-Film, aber nicht einen Thriller zu lesen.

Der Schluss wirkt im Gegensatz zum langatmigen Mittelteil dafür wieder viel zu schnell heruntergespult. Alle Probleme gelöst, alle Guten gerettet, alle Bösen bestraft - und das auf nur wenigen Seiten. Besonders ärgerlich für mich war dann der Cliffhänger auf der letzten Seite. Wer wissen will, was es mit dem neuerlichen Hilferuf auf sich hat, muss das nächste Buch kaufen. Das werde ich aber bestimmt nicht tun.
Drei Sterne gibt es für die gute Idee eines kompromisslosen Nothelfers und die flüssige Schreibe