Ein ambitioniertes Vorhaben!
„Man sagt das später gerne: Es war wie immer. Ein gewöhnlicher Tag. Aber wie hätte es anders sein sollen? Hätte die Sonne nicht aufgehen dürfen? Hätten Krähen erst tot von Bäumen fallen müssen? [...] Die Dinge geschehen einfach, das tun sie immer.“
Fabio arbeitet mit gefälschten Zeugnissen als Pfleger, führt eine instabile On-Off-Beziehung, betäubt Männer, um sie gefügig zu machen, ist mit der älteren Dame von nebenan befreundet – und seit Monaten liegt eine Leiche in seiner Wohnung. Er steht in diesem Buch jedoch weniger im Fokus als sein Opfer; Gabriel kam auf der Suche nach Sicherheit nach Deutschland und seine Familie setzt alles in Bewegung, als er auf einmal spurlos verschwindet ...
Der Autor schildert dieses wahre Verbrechen präzise und eindringlich, wobei er sich als neutraler Beobachter im Hintergrund zu halten versucht. Die Familienmitglieder Gabriels kommen zu Wort, er ist sogar extra nach Brasilien gereist, um so tief wie möglich in das Gefüge einzutauchen und ein umfassendes Bild zu zeichnen. Aber auch Fabio wird von ihm interviewt und im Roman charakterisiert, wodurch ein facettenreicher Text entstanden ist, der emotional und sachlich zugleich ist.
Interessant und spannend fand ich das Buch durchgängig, doch leider habe ich auch zwei größere Kritikpunkte: Zum einen war mir an keiner Stelle klar, was genau Rupflins Ziel ist, was genau er dem Leser vermitteln möchte, wie er sich selbst dazu positioniert ... Er erschien mir zu präsent, um nur die Fakten darzustellen, aber gleichzeitig auch sehr distanziert; diese Ambivalenz hat sich für mich durch den ganzen Roman gezogen, wobei diese Bezeichnung mir ebenfalls nur teilweise passend erscheint. Eine literarische Darstellung wahrer Begebenheiten wirft in meinen Augen zahlreiche Fragen auf, deren Antworten ich in diesem Fall nicht finden konnte. Zum anderen, und das verstärkt diesen inkonsistenten Eindruck noch, hatte ich das Gefühl, eine Rohfassung des Manuskripts zu lesen, denn dieses strotzt nur so vor Fehlern jeglicher Art. Ob Neuschöpfungen wie „Gebäckausgabe“, wild verstreute Kommas an den unpassendsten Stellen, inhaltliche Widersprüche oder Sätze, deren Struktur sich mittendrin ändert – hier ist einfach alles vorhanden, was den Lesefluss stört, und das nicht nur an vereinzelten Stellen. Vielleicht lehne ich mich damit weit aus dem Fenster, aber aus meiner Sicht gehört zu einem respektvollen Umgang mit einer so tragischen Geschichte, die nun ja letztlich vermarktet wird (was ich keinesfalls per se kritisiere), auch ein entsprechend umsichtiges Verhalten bei der Veröffentlichung, wozu ein gewissenhaftes Lektorat zählt, das hier offensichtlich nicht erfolgt ist. Schade!
Abgesehen davon habe ich das Buch gerne gelesen und fand auch den Ansatz des Autors, seine intensive Beschäftigung mit der Thematik und sein (sehr ambitioniertes) Vorhaben im Allgemeinen bewundernswert, so dass ich nach langem Überlegen zu einer Bewertung von 7/10 Punkten komme. Auf jeden Fall hat der Roman mich zum Nachdenken angeregt und wird wohl noch eine Weile immer mal wieder in meinem Kopf herumspuken ...
Fabio arbeitet mit gefälschten Zeugnissen als Pfleger, führt eine instabile On-Off-Beziehung, betäubt Männer, um sie gefügig zu machen, ist mit der älteren Dame von nebenan befreundet – und seit Monaten liegt eine Leiche in seiner Wohnung. Er steht in diesem Buch jedoch weniger im Fokus als sein Opfer; Gabriel kam auf der Suche nach Sicherheit nach Deutschland und seine Familie setzt alles in Bewegung, als er auf einmal spurlos verschwindet ...
Der Autor schildert dieses wahre Verbrechen präzise und eindringlich, wobei er sich als neutraler Beobachter im Hintergrund zu halten versucht. Die Familienmitglieder Gabriels kommen zu Wort, er ist sogar extra nach Brasilien gereist, um so tief wie möglich in das Gefüge einzutauchen und ein umfassendes Bild zu zeichnen. Aber auch Fabio wird von ihm interviewt und im Roman charakterisiert, wodurch ein facettenreicher Text entstanden ist, der emotional und sachlich zugleich ist.
Interessant und spannend fand ich das Buch durchgängig, doch leider habe ich auch zwei größere Kritikpunkte: Zum einen war mir an keiner Stelle klar, was genau Rupflins Ziel ist, was genau er dem Leser vermitteln möchte, wie er sich selbst dazu positioniert ... Er erschien mir zu präsent, um nur die Fakten darzustellen, aber gleichzeitig auch sehr distanziert; diese Ambivalenz hat sich für mich durch den ganzen Roman gezogen, wobei diese Bezeichnung mir ebenfalls nur teilweise passend erscheint. Eine literarische Darstellung wahrer Begebenheiten wirft in meinen Augen zahlreiche Fragen auf, deren Antworten ich in diesem Fall nicht finden konnte. Zum anderen, und das verstärkt diesen inkonsistenten Eindruck noch, hatte ich das Gefühl, eine Rohfassung des Manuskripts zu lesen, denn dieses strotzt nur so vor Fehlern jeglicher Art. Ob Neuschöpfungen wie „Gebäckausgabe“, wild verstreute Kommas an den unpassendsten Stellen, inhaltliche Widersprüche oder Sätze, deren Struktur sich mittendrin ändert – hier ist einfach alles vorhanden, was den Lesefluss stört, und das nicht nur an vereinzelten Stellen. Vielleicht lehne ich mich damit weit aus dem Fenster, aber aus meiner Sicht gehört zu einem respektvollen Umgang mit einer so tragischen Geschichte, die nun ja letztlich vermarktet wird (was ich keinesfalls per se kritisiere), auch ein entsprechend umsichtiges Verhalten bei der Veröffentlichung, wozu ein gewissenhaftes Lektorat zählt, das hier offensichtlich nicht erfolgt ist. Schade!
Abgesehen davon habe ich das Buch gerne gelesen und fand auch den Ansatz des Autors, seine intensive Beschäftigung mit der Thematik und sein (sehr ambitioniertes) Vorhaben im Allgemeinen bewundernswert, so dass ich nach langem Überlegen zu einer Bewertung von 7/10 Punkten komme. Auf jeden Fall hat der Roman mich zum Nachdenken angeregt und wird wohl noch eine Weile immer mal wieder in meinem Kopf herumspuken ...