Ein „Protokoll“ des Unbegreiflichen

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knightlyart Avatar

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Gabriel ist von Rio zu seiner Schwester nach Deutschland gezogen, sie ist Medizinerin, er arbeitet bei der IT. Alles ist gut, bis Gabriel spurlos verschwindet...

Alexander Rupflins „Protokoll eines Verschwindens“ ist weit mehr als ein Roman – es ist die literarische Aufarbeitung eines Hamburger True-Crime-Falls, der die Stadt und darüber hinaus erschüttert hat. Mit dokumentarischer Genauigkeit und erzählerischer Wucht gelingt es Rupflin, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zum Schwingen zu bringen.

Besonders eindrücklich ist die Gesprächsszene mit dem mutmaßlichen Täter Fabio auf Seite 82: „Ihn fragen, was denn seiner Meinung nach in jener Nacht passiert sei, wenn er doch unschuldig sei. Denn Fakt war nun mal: Am Morgen danach hatte ein junger Mann tot in Fabios Wohnung gelegen.“
Dieser Satz legt wie ein Brennglas die Kälte und Zerrissenheit frei, die diesen Fall so unbegreiflich machen.

Rupflin gelingt es, nicht nur die äußeren Abläufe zu schildern, sondern auch die innere Zersetzung aller Beteiligten spürbar zu machen. Die Handlung zieht den Leser in einen Strudel aus Fragen nach Schuld, Schweigen und Wahrheitssuche – und zwingt dazu, die eigenen Gewissheiten zu hinterfragen.

Die Geschichte entfaltet sich im Privaten und wirkt gerade deshalb so verstörend.

Es gibt Bücher, die bleiben schockiert und traurig unvergesslich – und *Protokoll eines Verschwindens* ist genau so eines.