Kein klassischer Roman – und gerade deshalb so gut

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sirisonne Avatar

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Alexander Rupflins Das Protokoll eines Verschwindens ist kein Roman im klassischen Sinne – und genau das macht seinen Reiz aus. Statt einer konventionell erzählten Geschichte erwartet die Leser:innen eine dokumentarisch anmutende Annäherung an ein rätselhaftes Verschwinden. Der Autor bedient sich dabei unter anderem transkribierter Verhörprotokolle, die den Ton des Buches maßgeblich prägen. Diese nüchternen Ausschnitte verleihen dem Werk eine fast schon beklemmende Authentizität und lassen es eher wie ein Stück akribisch zusammengetragenes True Crime wirken als wie einen Roman.

Rupflin gelingt es dabei, sich dem Innenleben seiner Figuren vorsichtig und respektvoll zu nähern. Ohne psychologisch zu überfrachten oder zu spekulieren, lässt er Raum für eigene Interpretationen. Er schildert Emotionen oder eben auch keine und Reaktionen, ohne sie zu dramatisieren oder zu bewerten – ein Ansatz, der dem Stoff sehr gut steht und manchmal in seiner Schlichtheit fast nicht zu ertragen ist..

Was mich besonders überzeugt hat, ist die gelungene Verknüpfung von Roman und True Crime. Das Protokoll eines Verschwindens ist spannend, ohne reißerisch zu sein. Es verzichtet auf billige Effekthascherei und bleibt stattdessen atmosphärisch dicht, zurückhaltend und eindringlich. Wer auf der Suche nach einer etwas anderen Leseerfahrung zwischen Fiktion und Realität ist, wird hier definitiv fündig.

Mir hat das Buch gefallen – gerade weil es sich abhebt.