Menschliche Abgründe

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annnna97 Avatar

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Der Titel "Protokoll eines Verschwindens" beschreibt den Roman schon ziemlich gut, denn es liest sich tatsächlich wie ein Protokoll aus unterschiedlichen Perspektiven, das ein echtes Verbrechen beschreibt.
Ein junger Mann aus Brasilien, der in Hamburg lebt, verschwindet eines Tages spurlos. Seine Schwester und seine Mutter machen sich verzweifelt auf die Suche. Ein sympathischer und gutmütiger Pfleger lebt Monate lang mit einer Leiche zusammen, wird verurteilt, aber beteuert seine Unschuld. Wir begleiten den Autor wie er ein paar Jahre später versucht das Geschehene zu rekonstruieren und vor allem zu verstehen. Er führt viele Gespräche mit dem Täter selbst und mit den Hinterbliebenen des Opfers.

Der Roman ist spannend und hat eine distanzierte, aber gleichzeitig emotional tiefgründige Erzählweise. Er ist faszinierend und erschütternd zugleich, da es wirklich um die erschreckenden Abgründe der menschlichen Triebe geht und um die Macht der Verdrängung. Er zeigt auf, wie sehr man sich auch in Menschen täuschen kann, die charmant und symphatisch wirken.

Ich würde das Buch allen empfehlen, die sich gerne mit True Crime beschäftigen, denn es ist gut geschrieben und recherchiert. Allerdings braucht man starke Nerven für diese Lektüre und einige Teile des Buches waren schon schwer zu lesen für mich.