Vielschichtige Satire, die es in sich hat

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kindder80er Avatar

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Da in Marc-Uwe Klings neu gesponnener Welt, QualityLand, Männer den Nachnamen vom Beruf des Vaters zum Zeitpunkt der Zeugung tragen und Frauen den von ihrer Mutter, heißt Peter mit Nachnamen "Arbeitsloser".

Um Peter Arbeitsloser geht es in der Leseprobe. Peter hat Niemand zum Reden, den Niemand hört ihm wenigstens zu. Niemand ist der digitale Assistent von Peter und immer an seiner Seite. Dieser sucht von Restaurants, Speisen, Filmen, Musik bis hin zu "Freunden" alles für ihn aus. Das eigentlich einzige, was Peter noch selbst machen muss, ist seine Lippen auf ein Touchpad zu drücken, um zu bezahlen, denn so funktioniert das in QualityLand.

Selbstfahrende Autos kutschieren die Menschen von A nach B, es sei denn, im Zielviertel wurden Jugendgangs gesichtet, die möglicherweise den Autos an den Kragen wollen - dann kann es schon mal passieren, dass sich diese weigern, weiterzufahren.

Peter wohnt und arbeitet auf einer Schrottpresse und ist trotz aller "Annehmlichkeiten", nämlich dass er selbst keine Entscheidungen mehr treffen muss, irgendwie unzufrieden. Die "Freunde" gefallen ihm eigentlich nicht und es besteht sowieso keine Bindung. Das ihm vorgesetzte Essen schmeckt ihm nicht sonderlich, aber es muss ja auch zu seinen finanziellen Möglichkeiten passen. Drohnen beliefern die Menschen mit Produkten, die die Menschen bewusst oder unterbewusst haben wollen und auch damit kann sich Peter nicht wirklich anfreunden, denn vieles davon muss er sich wohl seeeehr unterbewusst gewünscht haben...

Alles will ständig bewertet werden: Die Drohnen, die Autos, das Essen, der Service. Peter gibt aus Bequemlichkeit oft die volle Punktzahl, weil alles andere eine Befragung nach sich ziehen würde, warum man jetzt nicht völlig zufrieden sei. Das alles macht schon nachdenklich, denn im Augenblick schreibe ich ja auch eine digitale Bewertung. Marc-Uwe Kling hält einem schon den Spiegel vor und es ist an jedem selbst, was er aus dieser zuweilen bissigen Gesellschaftssatire mitnimmt.

Später lernen wir noch Martyn Vorstand kennen, der eigentlich einen viel längeren Nachnamen hat, aber der Einfachheit halber auf die ausführliche Version verzichtet. Er ist nicht die hellste Kerze auf der Torte und Politiker geworden. Es gibt nur noch zwei Parteien, die Qualitätsallianz und die Fortschrittspartei. Alles wirkt gleichgeschaltet. Wahlen stehen an, aber im Grunde ist eh klar, dass es wie immer auf eine große Koalition hinausläuft. (Parallelen zum hiesigen Wahlkampf sind bestimmt völlig zufällig ;-)). Aber ein neuer Kandidat sorgt für Furore...

Geschichtsunterricht wurde in den Schulen abgeschafft, es gibt nur noch Zukunftsunterricht. Zudem die Fächer "Body-Mass-Index" und "Sex-Appeal" - ich könnte jetzt ewig so weiter aufzählen, denn auf jeder einzelnen Seite sind Details vorhanden, die die erschreckende Welt von QualityLand zeichnen und das Buch so interessant für mich machen. Richtig lachen musste ich bei der Leseprobe noch nicht, was ich aber nicht schlimm finde, da es wie gesagt eher zum Nachdenken anregt.