Dystopie oder Utopie?

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In einer nicht allzu fernen Zukunft, in der Nuuk eine Millionenstadt ist, umgehen manche Menschen ihren Tod und existieren als Quants weiter. Einer von ihnen ist Calvary Doyle, ein Journalist, der zu Künstlicher Intelligenz sowie einem von ihr verursachten, sogenannten Turing-(II)-Zwischenfall recherchierte und gleich zu Beginn des Buches mitten in London „erschossen“ wird. Bei ihm führt die Kugel aber nicht zum Tod, weil er Vorkehrungen getroffen hatte und fortan als Quant lebt. Ein eben solcher Quant ist Fran Bittner, eine Agentin, deren Arbeit in der Abwehr von Gefahren durch KIs besteht. Sie wird auf den Fall bzw. Doyle angesetzt und soll herausfinden, was genau passiert ist und ob es einen weiteren Quantencomputer bzw. Qube wie den gibt, in dem die Turing (II) verursachende KI damals steckte. Und sollte es einen weiteren Qube geben, sollte sie ihn aufgespürt haben, bevor es durch seine Aktivierung womöglich zu Turing III kommt …

Einige Elemente, die Hillenbrand hier verwendet, kennt man schon aus „Hologrammatica“: Quants wechseln ihre Körper wie unsereins seine Klamotten. Mit dem Körperwechsel geht auch ein Namenswechsel einher, sodass eine Person unter mehreren Namen vorkommt. Das macht die Geschichte durchaus komplex – ebenso wie es die gesamte Welt ist, die Hillenbrand hier schafft. Und ganz nebenbei erzählt Hillenbrand auch noch einen Thriller. Erneut bin ich perplex, mit welcher Leichtigkeit es Hillenbrand gelingt, mir Details zu erzählen, die ich von wenigen anderen Autoren würde lesen wollen. Er switcht zwischen flapsigem und trockenem Humor, verwendet eine überaus variantenreiche Sprache, mit der er kleinste Details herausziseliert - überhaupt die Details … das ist alles so komplex und dabei so glaubwürdig (mit vielen seiner „Hirngespinste“ dürfte er gar nicht so verkehrt liegen), dass man sich mehr als einmal fragt, ob die Welt, die Hillenbrand in „Qube“ zeichnet, nun dystopisch oder utopisch ist. Da man manche Geschehnisse erst später versteht und man den Faden auch nicht verlieren darf bzw. will, empfiehlt es sich meiner Meinung nach, das Buch mehr oder weniger in einem Rutsch lesen. Ohne sich vollständig auf das Buch einzulassen, wird’s sicher schwierig, aber wenn man das tut, wird man belohnt durch ein völlig abgefahrenes Buch, das sicher lange nachhallt.