Scheidungsepedemie

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wal.li Avatar

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Schon einmal hatte Inspecteur Gilles Sebag den Verdacht, seine Frau könnte ihn betrügen. Und nun hat sich der Verdacht bestätigt. Gilles Welt bricht zusammen, er wäre nie auf den Gedanken gekommen, seine Frau zu betrügen und der Gedanke, seine Frau könne fremdgehen, erschien noch abwegiger. Doch nun ist es wahr. Sebag kann diesen Vertrauensbruch nicht verwinden. Was soll er tun? Trennung? Zunächst einmal sucht er die Entspannung im zweifelhaften Freund Alkohol. Wie einen Hohn empfindet er es beinahe, dass er sich mit einer Reihe von Fällen beschäftigen muss, in denen Frauen ihre Männer betrogen haben. In einem Fall führte die Information über den Betrug dazu, dass der Gehörnte seine Frau erschoss.

Sein dritter Fall bringt Gilles Sebag an die Grenze dessen, was er ertragen kann. Zu nah kommen die Ermittlungen seiner momentanen persönlichen Situation. Er kann sich häufig nicht richtig auf die Arbeit konzentrieren, weil er in Gedanken immer woanders ist. Seine sprichwörtliche Intuition scheint sich irgendwie verabschiedet zu haben. Im Gegensatz zu seiner üblichen Arbeitsweise hält er die Fäden nicht immer in der Hand. Etliche Ermittlungsansätze werden von seinen teilweise ungeliebten und verspotteten Kollegen herausgearbeitet. Sebag kann nicht anders, das Thema des Betrugs steht zwischen ihm und allem. Er weiß nicht, was er tun soll, unentschieden zwischen Bleiben und Gehen.

Ein wenig schwer verdaulich ist Gilles Sebag in diesem Roman. Zwar handelt es sich um eine sehr interessante Konstellation, ihn als auch persönlich Betroffenen in einem Fall ermitteln zu lassen, in dem es hauptsächlich um fremdgehende Frauen geht. Als Leser wünscht man sich bei einer Krimi-Reihe, auch etwas über den Ermittler und sein Privatleben zu erfahren. Doch sollte das Schwergewicht doch in der Aufklärung eines Verbrechens liegen. Hier wird dem Privaten eine zu enge Verknüpfung mit dem Beruf zugewiesen und die Flucht des Inspecteurs in den Alkohol ist zwar nachvollziehbar, aber nicht unbedingt dass, was man über eine Kunstfigur lesen möchte. Glücklicherweise besinnt sich Gilles Sebag im Verlauf der Ermittlungen auf seine Fähigkeiten und mit seiner findigen Art hält er den Leser bei der Stange. Und so wird schließlich ein verblüffend komplexer Fall doch mithilfe der Spürnase Gilles Sebag entschlüsselt.

Ein geschickt aufgebauter Kriminalroman, der fesselt, aber leider einen etwas zu großen Akzent auf das Privatleben des Ermittlers legt.

3,5 Sterne