Guter Krimi

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linus63 Avatar

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Gertrud Rabinsky wird ermordet aufgefunden. Fast gleichzeitig wird Hanna Umlauf vermisst gemeldet. Als sich herausstellt, dass beide Stiefschwestern sind, wird das Ermittlerteam um Franza Oberwieser und Felix Herz hellhörig. Darüber hinaus scheint Lilli, Gertruds Tochter und ehemalige Klassenkameradin von Franzas Sohn, etwas zu verbergen. Was ist geschehen?

„Rabenschwestern" ist kein einfacher Krimi, sondern entpuppt sich als generationenübergreifende Familientragödie. Die Handlung zeichnet sich weder durch atemlose Spannung, noch durch ein hohes Tempo aus, sondern fesselt durch die Frage, wie letztendlich die Zusammenhänge innerhalb der Familie sind und wer die Tat denn nun begangen hat. Gabi Kreslehner setzt den eigentlichen Mord gekonnt in Szene, indem sie nach und nach fast alle Beteiligten im Tatzeitraum am Tatort auftauchen lässt, ihnen somit die Gelegenheit zum Mord verschafft und darüber hinaus für jede dieser Personen ein plausibles Motiv in petto hat. Einige Zusammenhänge lassen sich zwar im Laufe der Handlung erahnen, doch manches überrascht am Ende doch. Viele kleine Nebenschauplätze, vor allem in Franzas Privatleben, lockern das Geschehen mit teilweise heiteren Episoden auf, führen aber in der Mitte der Geschichte stellenweise zu Längen.

Dieses Buch zieht mich ab der ersten Seite in seinen Bann. Die knapp über 400 Seiten sind insgesamt gut zu lesen, wobei ich des öfteren bei Szenenwechseln zu Beginn der Kapitel einige Sätze lesen musste, um zu wissen, an welchem Ort und zu welcher Zeit ich mich gerade befand. Auffallend ist der ungewöhnliche Schreibstil. Gabi Kreslehner schreibt lange Sätze, die eigentlich aus kurzen, mit Kommata aneinandergereihten Sätzen bestehen und fast wie eine Aufzählung wirken. Nach kurzer Eingewöhnung empfinde ich ihn als sehr angenehm und eindringlich. Er übermittelt die Ereignisse und Empfindungen der Personen sehr intensiv und bewirkt bei mir, dass ich mich nahe am Geschehen fühle. Die Personen werden anschaulich und greifbar. Besonders gut passt dieser Stil zu Franza, die viel nach ihrem Gespür ermittelt und sich dabei auch schon mal in eine Tote hineinversetzt. Sie ist emotional und einfühlsam, doch ohne dabei ihre Professionalität zu verlieren. Sie ist eine eigenwillige, aber sehr sympathische Protagonistin, deren besonderer Wesenszug ihre Unruhe ist. Sie hat das Gefühl, überall Baustellen zu haben, in ihrem Leben noch nicht angekommen zu sein und glaubt an die Veränderung. Eine außergewöhnliche Eigenschaft, die gut umgesetzt wird und mir gut gefällt.

„Rabenschwestern“ ist ein ungewöhnlicher Krimi, der sich insbesondere durch seinen Schreibstil und einen gut inszenierten Mord auszeichnet. Ich habe ihn gerne gelesen.