Bislang lässt der Thriller auf sich warten ...

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mammutkeks Avatar

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... und vor einem liegt auf den gut 40 Seiten (von 400) eine Art soziologischer Studie des modernen Berlins. Die relativ langen Kapitel beschäftigen sich mit den Protagonisten dieses Romans - und zwar in einer Ausführlichkeit, die positiv ist. Vor allem die politische Dimension der Personen wird beleuchtet, sei es nun bei dem Abiturienten Niklas, der seine Kenntnisse aus dem Chemie-LK gewinnbringend einsetzt, weil er einem Araber selbst produzierten Sprengstoff verkauft.

Sei es die Politikstudentin Sumaya, die sich auf ein Bewerbungsgespräch bei Lutfi Latif vorbereitet, einem (erfundenen) Shooting-Star der Grünen, der es gleich in den Bundestag geschafft hat, und bei dem sie nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeiten möchte. Selbst aus "Migrantenkreisen" entstammend, hat sie sich mit der Thematik ausreichend befasst.

Hochpolitisch - und für mich absolut richtig - ist die Äußerung: "Aber Anerkennung ist etwas anderes. Es fehlt der Respekt, die Selbstverständlichkeit, die Lockerheit im Ungang. Und vor allem das Gespür dafür, dass wir kein Problem und keine Herausforderung sind", wie es Sumaya ausführt.

Etwas unklar bleibt in der Leseprobe die Figur des Samson, der freiberuflich Vorträge zum Islamismus hält, genau wie die der Journalistin Merle Schwab und Munkelmanns, des zweiten Mitarbeiters von Lafti.

Obwohl die Leseprobe mit ihren 40 Seiten schon sehr lang war, kommt nicht die Thriller-übliche Spannung auf. Der anspruchsvolle Schreibstil und die ungewohnten Namen machen das Buch zu einem außergewöhnlichen Roman. Meine Abwertung ist dann auch darin begründet, dass ich zum einen die Hinleitung auf den "Thrilleraspekt" deutlich zu lang finde, zum anderen auf die reißerische Covergestaltung - vor allem mit dem Le-Carré-Zitat. Als Fan politischer Romane mit aktuellem Bezug kann ich hoffentlich darüber hinwegsehen.

_Eine kleine Anmerkung am Rande: Oldenburg ist beileibe keine "norddeutsche Kleinstadt", auch die Oldenburger Sparkasse gibt es nicht. Dann doch schon lieber weiter erfundene Ortsnamen, als sich den Gesamteindruck mit schlecht recherchierten Details zu verderben._