Heimspiel für Kluftinger

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buchdoktor Avatar

Von

 

Kommissar Kluftinger und seine Frau sind gemeinsam mit dem Ehepaar Langhammer zu einem Live-Krimi-Spiel anlässlich der Neueröffnung eines Hotels in den Allgäuer Alpen eingeladen worden. Hotelbesitzerin Julia König, Ex-Super-G-Läuferin während der Olympischen Spiele von Sarajewo, kennt Kluftinger von seinem vorherigen Kriminalfall. Der Ermittler aus dem beschaulichen Altusried hatte seine Gastgeberin damals aus einer gefährlichen Situation gerettet. Kluftinger, ein sehr rundlicher, sehr knauseriger und sehr marottenhafter Allgäuer, fühlt sich in dem edlen Hotel leicht unwohl, obwohl er zugeben muss, dass ihm die Atmosphäre gefällt. Die Gegenwart der Familie Langhammer hat Kluftinger in den vier vorangehenden Allgäu-Krimis stets grummelnd ertragen, weil sein "Butzele" Erika eng mit Frau Langhammer befreundet ist. Bisher pflegte Dr. Langhammer sich auf Kosten des stark überzeichnet bodenständigen Kluftinger darzustellen. Als die beiden Ehepaare am Tag vor Silvester zum Krimispiel anreisen, kann der Oberkommissar schlagfertig gegen den hochnäsigen Langhammer punkten. Der Herr Doktor, bekannt für sein überdimensioniertes Reisegepäck, wird durch einen neonfarbenen Zipfelbob in die Rolle des belächelten Touristen verwiesen.   Kluftingers, Langhammers, das Schauspieler-Paar, das den Kriminalfall darstellen wird, und weitere persönliche Gäste der Hotelbesitzerin treffen sich zum Willkommensdrink. Kluftinger wird während der drei Tage in den verschneiten Bergen die Rolle des Hercule Poirot übernehmen, sein Kostüm hält Frau König schon bereit. Noch ehe die Gäste in den gespielten Kriminalfall einsteigen können, passiert ein realer Mord in einem von innen verschlossenen Zimmer. Das Hotel ist inzwischen völlig eingeschneit, Lawinenwarnung wurde gegeben, Telefon und Internet funktionieren nur noch gelegentlich. Gäste und Hotelpersonal sitzen mit einer Leiche im Hotel fest und vermuten, dass der Mörder noch unter ihnen sein muss. Niemand kann das Hotel verlassen, kein Außenstehender zu Hilfe kommen. Kluftinger muss in diesem Fall nach dem Muster klassischer Kriminalromane trotz zunächst unübersichtlicher Faktenlage allein ermitteln. Er hat dabei den konstant mittelschwer beleidigten Dr. Langhammer auf den Fersen, dessen bedeutende Rolle bei den Ermittlungen seiner Ansicht nach nicht ausreichend gewürdigt wird.

 

Kluftinger wird trotz seiner bekannten Ignoranz gegenüber modernen Kommunikationsmitteln im eingeschneiten Berghotel zum Hoffungsträger der Anwesenden. Der Frage, welche Beziehung zwischen den Gästen und dem Mordopfer besteht, geht der urlaubende Ermittler vor der unheimlichen Kulisse der Rauhnächte nach. Zum Jahreswechsel fallen nach altem Aberglauben die Grenzen zwischen den Welten, Wehrwölfe könnten unterwegs sein. Dem durch Agatha-Christie-Lektüre vorgebildeten Leser stehen angesichts Langhammerscher Ermittlungs-Stümperei gelegentlich die Haare zu Berge. Die urkomische Begegnung zweier alter Zündler in der Silvesternacht, ein furioser Schluss und die Tatsache, dass Kluftinger es in diesem Band dem schnöseligen Langhammer einmal so richtig zeigen konnte, macht den mit gepflegter Ironie erzählten fünften Kluftinger-Band trotz einiger Längen zu einem spannenden wie komischen Leseerlebnis.