Durch die Augen eines Kindes

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Hätte man nicht den Klappentext zu "Raum" studiert, wäre es vielleicht besser. Erst langsam erschließt sich dem Leser die Welt des fünfjährigen Jack und seiner Mutter, die eingesperrt in einem Kellerverlies leben und dort gefangengehalten werden. Nur das Oberlicht in der Decke ist die Verbindung zu ihrer Außenwelt und Jack muss sich die ganze Welt, die außerhalb des Kellers liegt, von seiner Mutter erklären lassen. Die Geschichte Emma Donoghues ist inspiriert von der Leidensgeschichte Elisabth Fritzls, die mir ihren Kindern ebenfalls eingepfercht unter der Erde vor sich hin vegitieren mussten. Die Erzählung wird von der Presse in den höchsten Tönen gelobt und lässt einen merklich schlucken, wenn man die Geschichte liest, die so scheinbar unbedarft daherkommt.

Besonders beeindruckt hat mich bei der Erzählung von Emma Donoghue die perfekte Perspektive, die sie einfühlsam einnimmt und uns so die Welt durch die Augen eines Kindes sehen lässt. Sie schafft es konsequent diese Perspektive beizubehalten und so das ganze Martyrium von Jack und seiner Mutter noch einmal auf ein ganz neues Niveau zu heben. Die große Authentizität erreich Donoghue auch durch die kindliche Sprache, die perfekt dem kindliche Grammatikverständnis nachempfunden ist. Manch einer mag dies als stilistisch plump empfinden, ich finde es jedoch großartig, da durch die Sprache auch die Unbefangenheit und die Unschuldigkeit des fünfjährigen Jack zu Tage tritt.

Eine Lektüre, die nachdenklich stimmt und einen andeutungsweise das verspüren lässt, was Elisabeth Fritzl und ihre Familie oder auch Natascha Kampusch mitgemacht haben müssen, als sie sich im "Raum" befanden. Ein Roman, der lange nachwirkt!

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)