"Abgefangene Briefe"

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constanze_pachner Avatar

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"Jan und sein Vater wohnen in der Einfamilienhaussiedlung am Stadtrand, im Schatten der alten Plattenbauten, im Neonlicht der Laderampe des Dänischen Bettenlagers. Das Krankenhaus schließt, wo Schule und Sportplatz waren, ist jetzt ein Supermarkt. Zu den Ruinen der DDR gesellt sich der Leerstand der Gegenwart. Eines Tages taucht ein Mann auf, der Jan mit der Frage nach seinen Eltern konfrontiert und damit Mauern aufbricht: Welche Beziehungen hatte Jans Mutter zu DDR- Zeiten? Wer war sie überhaupt? Und was hat das mit einem verschwundenen Gemälde von Georg Baselitz zu tun? Überall Menschen, die nirgends so Recht dazu gehören, die das alte verloren haben und zum Neuen keinen Zugang finden, die in einem luftleeren Raum zwischen Gegenwart und Vergangenheit schweben, Raumfahrer sind. Und scheinbar gehört Jan dazu." (Klappentext)

Die Zeit schreibt über Lukas Rietzschel, dass er zu den wichtigsten jungen Schriftstellern des Ostens gehört. Diese Meinung teile ich zweifelsohne, vor allem fesselte mich sein Debütroman "Mit der Faust in die Welt schlagen" (erschienen 2018 @ullsteinbuchverlage) - ein sprachlich wie inhaltlich innovativ inszenierter Paukenschlag.
Leider verlässt der Autor mit seinem neuen Roman "Raumfahrer" die einst gewählte Hauptstrasse, um über etliche Nebenstrassen eine Startrampe zu suchen, die ihn in die Galaxie befördern kann. Die Charaktere, die dem Leser auf den Nebenstrassen begegnen, schlendern konturlos den Himmel absuchend daher. Eine Rakete wird hier nicht gezündet, um die sonst so sprachliche Tiefe in den knackig kurzen Sätzen des Autors zum Leser zu transportieren.
Erschöpft von den etlichen, zährenden Nebenstrassen, findet die Geschichte ganz zum Ende hin die Verbindung schaffende Startrampe.

Wie viele schicksalhafte luftleere Räume wurden durch abgefangene Briefe in der Geschichte gezündet? Wie viele Raumfahrer schwirren von Regimen betrogen in der Galaxie umher?