Die Raumfahrer und ihre alles ordnende Behörde

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kaffeeelse Avatar

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Schon mit seinem Vorgänger "Mit der Faust in die Welt schlagen" schafft es der 1994 geborene Autor mich zu beeindrucken, ein recht wahrheitsgetreues Bild bestimmter Gruppen unseres Landes zu zeichnen. Ein erschreckendes Bild! Ja. Aber kein falsches Bild. Wir, die wir im Osten leben, kennen genau solche Leute. Und leider gibt es davon so einige. Aber man muss darüber reden, miteinander reden, der Polemisierung nicht das Feld überlassen. Gerade der Umgang mit Corona zeigt besonders in Sachsen die Gefährlichkeit solcher Gruppen. Ist interessant, wer sich immer so mit Dingen auskennen will, von denen er oder sie absolut keine Ahnung hat. Ich bin eine von denen in den Krankenhäusern, die in den Coronastationen gearbeitet hat und gesehen hat, wie dieses Sterben der Leute ist!!!

In der Rezi zu "Mit der Faust in die Welt schlagen" hatte ich bemängelt, dass ein Blick in die DDR fehlt. Genau diesen Blick bringt Lukas Rietzschel jetzt in "Raumfahrer". Einen interessanten Blick! Etwas ungeordnet, aber deshalb nicht uninteressant. Die Wahrheit hinter dem System präsentierte sich den DDR-Bürgern ja auch nicht auf dem Silbertablett, sondern eher auf verschlungenen Wegen. Und in diesem Buch liest man welche Wege die Stasi genommen hat, zu was diese Institution bereit war. Und da skandieren Menschen heute etwas von Bevormundung im jetzigen Deutschland oder von einer nicht bestehenden Meinungsfreiheit. Man kann doch sagen was man will! Wie beschreibt man denn dann unsere Vergangenheit? Wie blind muss man denn sein? Zu empfehlen wäre zu den hier geschilderten Themen auch die Serie "Weissensee"! Aber auch "Raumfahrer" zeigt einen Teil der DDR-Vergangenheit und die Möglichkeiten der lenkenden DDR-Behörde und ihre ganze Menschenverachtung. Und Lukas Rietzschel zeigt, was dies mit den Betroffenen gemacht hat, zeigt aber auch, was mit den Tätern, den Raumfahrern nach der Wende geschah. Und dann wieder mit deren Kindern, die für die Machenschaften der Eltern nichts konnten, aber damit leben müssen, sofern sie von den Taten der Eltern erfahren, wie das Jan in dem Buch geschieht. Ein weit gefächerter Blick, den der Autor hier schafft und den ich toll finde. Allerdings muss man für so einen Blick bereit sein! Und nicht die Augen davor verschließen. Obwohl ich auch das Augenverschließen verstehen kann. Denn die DDR ist lange vorbei und eine Reduzierung der Ostbürger darauf lässt sich wohl 2021 langsam nicht mehr begründen!!! Oder?