"Gebäude lassen sich abtragen und neu aufbauen, Erinnerungen nicht" - DTV

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goldilinchen Avatar

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Um möglichst unvoreingenommen an ein neues Buch heranzugehen, lese ich vorher keine Rezensionen oder informiere mich anderweitig darüber. Bei „Raumfahrer“ war ich besonders gespannt, da ich mir das Buch nicht selbst ausgesucht habe. Der Klappentext hat insofern mein Interesse geweckt, dass ich ebenfalls noch zu DDR-Zeiten geboren wurde und aus Sachsen stamme. Bedenkt man das Alter des Autors beeindruckt mich die gewählte Thematik umso mehr.

Im Verlauf der Handlung begleitet der Leser die sächsischen Familien Nowak und Kern von der DDR bis in die Gegenwart.

Wendekind Jan Nowak arbeitet in einem Krankenhaus, welches in Kürze geschlossen wird. Nach einer merkwürdigen Begegnung mit einem Patienten begibt er sich auf die Suche nach seiner Identität und landet dabei unvermeidlich in der Vergangenheit... Was hat mit den Unterlagen aus dem Nachlass von Günter Kern auf sich?

Lukas Rietzschels Schreibstil würde ich als prosaisch und nachdrücklich beschreiben. Nostalgie kommt auf, der Zeitgeist ist spürbar - wobei die teils anstrengenden Zeitsprünge die volle Aufmerksamkeit des Lesers erfordern. Dabei mag ich Geschichten deren Handlung auf unterschiedlichen Zeitebenen spielt. Vor allem der fehlende Handlungszeitpunkt sowie die Verwendung unterschiedlicher Namen für gleiche Figuren erschweren die Orientierung. (In einem Kapitel erfährt man vom Tod einer Figur, direkt anschließend agiert diese wieder zu einem früheren Zeitpunkt.) Gerade zu Beginn fällt es schwer den verschiedenen Erzählsträngen zu folgen und ich habe mich nach knapp 100 gefragt, wo das überhaupt hinführen soll. So viel sei verraten: zu einem unvorhersehbaren und für mich überraschenden Ende. (Meine Vermutungen gingen in eine andere Richtung)

Was es mit dem Titel auf sich hat, wird im letzten Drittel des Romans aufgelöst. Für mich schlüssig und treffend. Parallelen zu den DDR-Schilderungen aus meinem Umfeld sind auf jeden Fall erkennbar.

Die Hauptfiguren werden überwiegend grob charakterisiert, wirken daher teilweise distanziert und wenig greifbar, was im Gegensatz zu recht detailgetreuen Schilderungen und der Verwendung lokaler Begrifflichkeiten steht. Mich hat das Buch leider nicht erreicht, obwohl die Spannung im letzten Drittel steigt. Für mich blieben allerdings einige Fragen ungeklärt...

Das Buch beruht lose auf wahren Begebenheiten und wurde unterstützt von Günter Kern.