Reise in die DDR-Vergangenheit

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westeraccum Avatar

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Nachdem ich vor einiger Zeit das erste Buch von Lukas Rietzschel gelesen hatte, interessierte ich mich auch für sein neues Werk. Ich bin in der BRD aufgewachsen und hatte keine Beziehungen in den Osten Deutschlands, möchte aber gern mehr über die gut 40 Jahre der DDR und ihre Menschen erfahren.
Jan arbeitet in einem Krankenhaus und lernt dabei Thorsten kennen, der im Rollstuhl sitzt. Eines Tages übergibt er Jan einen Karton voller alter Dokumente und Fotos, die Jan in die Vergangenheit seiner Eltern führen. Thorsten ist der Neffe des berühmten Malers Georg Baselitz, der eigentlich Georg Kern heißt und in den Westen ging. Die Beziehung zu seiner Familie in der DDR brach vollkommen ab, weil die Stasi die Briefe von beiden Seiten beschlagnahmte. Nun erfahren Jan. und die Leser mehr über die Kindheit und Jugend des Malers und was das alles mit Jans Eltern zu tun hatte.
Der Titel des Buches hat mich zuerst irritiert und wurde erst im Laufe der Lektüre klarer. Durch die Wende wurden die Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung und ihren Beziehungen gerissen und schweben frei und orientierungslos wie Raumfahrer im All.
Das Buch ist zeitlich nicht chronologisch aufgebaut und man muss sehr aufpassen, dass man die verschiedenen Zeiten nicht durcheinanderbringt. Da wäre eine Überschrift für jedes Kapitel hilfreich gewesen.
Rietzschels Stil dagegen ist unaufgeregt und sachlich, das gefällt mir gut. Man entwickelt Empathie für Jan, er hatte es nicht leicht mit seinen Eltern. Erst gegen Ende des Buches erfährt man, warum es so viel Probleme gab und warum das Private politisch ist und die Politik ins Privatleben hineinregierte.
Für dieses Buch gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung!