Komplex, aber fesselnd

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julie1602 Avatar

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Deutschland im Jahr 2028: Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander, eine rechte Partei ist an die Macht gekommen. An Heiligabend läuft zur Primetime plötzlich auf allen Fernsehsendern die gleiche "Reality Show": 10 der (einfluss-)reichsten Deutschen werden - natürlich nicht freiwillig - vor eine Art Gesellschaftstribunal gestellt, denn sie alle haben Dreck am Stecken und vielen Zuschauer:innen auf ihre Art geschadet - und diese sind nun aufgefordert, über ihre Strafe zu entscheiden ...

Das Buch ist sehr ambitioniert und führt unheimlich viele Personen ein. 10 "Show-Kandidat:innen" bzw. Geiseln und deren Angehörige, verschiedene Zuschauer:innen und natürlich die Drahtzieher:innen des Ganzen. Letztere werden sowohl mit ihren richtigen Namen als auch mit Decknamen benannt. Ich bilde mir zwar ein, weitgehend den Durchblick behalten zu haben, verstehe aber auch alle, die bei diesem Wust an Figuren und Namen irgendwann aussteigen. Die Geschichte selbst ist ähnlich komplex gestrickt, voller Perspektiven- und Zeitwechsel und in größtenteils sehr kurzen Kapiteln extrem temporeich erzählt. Die Aufdeckung der "Taten" der Kandidat:innen fand ich unheimlich interessant, leider verloren sie sich irgendwann in den Rückblenden und Schwenks zu Personen, die für das eigentliche Geschehen wenig relevant schienen, und die Show stand gefühlt gar nicht mehr so richtig im Fokus. Was natürlich seine Gründe hatte, ich nach der doch sehr ausführlichen Vorstellung der Geiseln aber einfach anders erwartet hatte.

Trotz der Kritikpunkte hat mir das Buch insgesamt sehr gut gefallen, mich zum Nachdenken gebracht und jederzeit meine Aufmerksamkeit gefesselt. Für dieses aufwühlende Leseerlebnis vergebe ich 4,5/5 ⭐ und damit einen halben Stern mehr, als ich dem eigentlichen Plot geben würde.